Eine der größten Kontroversen unserer Zeit ist die vermeintliche Islamisierung des Abendlandes. Wir werden uns nun die Zahlen für Deutschland anschauen und feststellen müssen: Von einer Islamisierung Deutschlands kann nicht die Rede sein.
Wie kam der Islam überhaupt nach Deutschland? Vor allem aus der Türkei und durch unsere Gier nach billigen Arbeitskräften. Vor den 1960er Jahren wohnten fast gar keine Muslime hier. Dies änderte sich rasch mit dem Anwerbeabkommen, das die Bundesrepublik mit mehreren muslimischen Staaten schloss. Der Bedarf der dtsch. Wirtschaft an billigen Arbeitskräften war damals groß und ungedeckt, und so eröffnete man folgerichtig Rekrutierungsbüros in Istanbul und Ankara und übernahm insbesondere diejenigen, die am wenigsten Bildung genossen hatten bzw. für wenig Geld dreckiger Arbeit nachgehen. Kurzfristig ging die Rechnung auch auf. Irgendwann bemerkten wir jedoch, dass die Türken bleiben wollten, ihre Familien nachholten und so auch eine neue Kultur mit ins Land brachten. Damit hatten wir in unserem kurzsichtigen Reflex nicht gerechnet.
Rund 70 Prozent der Deutschen überschätzen die Zahl der Muslime hierzulande. Ein Drittel schätzt die Anzahl der Muslime im Land sogar auf über 10 Millionen. Fakt ist: Derzeit leben rund 4 Millionen bekennende Muslime im Land, das entspricht rund 5% der Wohnbevölkerung.
Es stimmt zwar, dass muslimische Frauen im Schnitt mehr Kinder gebären, als die in Deutschland gebürtigen. Das liegt jedoch eher an der deutschen Geburtsschwäche, denn an hohen Geburtenraten bei den Muslimen. Experten prognostizieren, dass die muslimische Bevölkerung in D. bis 2030 auf 5,5 Millionen noch anwächst, ihre relative Zunahme verebbt aber schon jetzt. Grund für den Rückgang deutsch-muslimischer Geburtenraten seien u.a. eine Urbanisierung, steigende Bildung und Säkularisierung.
Fazit: Auch Sarrazins Kinder werden nicht in einem Deutschland / Europa aufwachsen, in dem Muslime die demographische Mehrheit stellen. Prognosen für seine Enkel und Enkelsenkel sind kaum möglich. Ein Rückgang der deutsch-muslimischen Geburtenrate lässt sich schon jetzt verzeichnen.
„Aber wenn nicht durch den Geburts- dann überfluten doch über den Sueskanal Millionen muslimischer Immigranten unser Land.“ Falsch, auch hier trügt das Gefühl viele. Tatsache ist, dass wir aufgrund des demographischen Wandels eine starke Immigration benötigen und die meisten Zuwanderer Nichtmuslime, also bspw. Christen aus Osteuropa und Afrika sind.
Außerdem, was viele vergessen, wird auch der muslimische Teil unserer Gesellschaft einen Wandel durchmachen. Sarrazins Kinder werden also schon mit „anderen Muslimen“ aufwachsen, als er es tat. Der Islam (im Westen) wird sich sicherlich ein Stück weit verwestlichen und auch der Westen wird sich mit dem Islam ein Stück weit islamisieren. So ist das immer, wenn zwei Kulturkreise aufeinandertreffen. Die Frage, die noch jeweils im Raum steht, ist nur „wie stark?“
Die Angst der Menschen, die bspw. unter dem Namen "Pegida" auf die Straße gehen, kommt aber auch nicht von ungefähr. Dass die strenggläubigen Muslime in der Tendenz gewaltbereiter, homophober, frauenverachtender und allgemein unseren westlichen Werten ferner als wir sind, ist ebenso eine Tatsache und irgendwie auch nur logisch. An dieser Stelle ist es ganz wichtig anzumerken, dass diese Adjektive nicht auf alle und in ihrer krassen Form auch nicht auf die Mehrheit der Muslime in Deutschland zutreffen.
Auch wenn die absolute Anzahl der Muslime in D. überschaubar ist, so existieren doch „Ballungsgebiete“, innerhalb denen hauptsächlich Moslems wohnen und oft große soziale Probleme herrschen. So beschreibt Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowski das Problembezirk in seinem Buch als sehr kriminell, und sogar der Begriff islamistische Paralleljustiz fällt in diesem Zusammenhang. Übrigens stammen diese „Ballungsgebiete“ u.a. noch aus den besagten 70er Jahren, als wir die Gastarbeiter allesamt in billige Viertel gesteckt, statt wahrhaft integriert haben. Allein schon damit trugen auch wir Deutschen unseren Teil zur Schaffung von Parallelgesellschaften mit bei.
Fangen wir da an, wo wir zuvor aufgehört haben: Man sollte sich von keinem Extrem, keinem Pauschalurteil vereinnehmen lassen. Weder von einer, noch über eine Menschengruppe. Mein Standpunkt ist dabei ein aufgeklärtes, humanistisches Menschen- und Weltbild. Dieses will ich schmackhaft vorleben und ggfs. auch verteidigen. Gegen Rassisten und gegen Salafisten – gegen Feinde einer freiheitlichen Gesellschaft jeglicher Couleur. Weil es hier jedoch vorwiegend um Islam, Islamisierung und Islamismus (drei verschiedene Dinge!) geht, werde ich mich auch darauf konzentrieren.
Was also tun, gegen die Bedrohungen für eine freiheitliche Gesellschaft, die vom Islamismus ausgehen? Ich weiß ja auch nicht, was genau jetzt das Richtige wäre. Vermutlich hängt die Beantwortung dieser Frage stark von der eigenen Ideologie (Leitkultur oder Multikulti, etc.) ab und ist gar nicht so einheitlich zu beantworten. Außerdem wurde auch schon viel Richtiges und Wichtiges zu dieser Frage gesagt, das ich nicht noch einmal rezitieren brauche.
Eben deshalb möchte ich im Folgenden (nur) ein paar Punkte anbringen, die man so vielleicht noch nicht gelesen hat:
Bevor sich Islamisten diese Polemik auf die Fahnen schreiben: Was mir persönlich Sorgen bereitet ist Folgendes: Was wäre, wenn die Integrationsbekundungen vieler der hier lebenden Muslime nur ein Ausdruck der (so empfundenen) schwachen, gesellschaftlichen Position sind? Dass 5% der Wohnbevölkerung sich nicht getrauen, offen ein komplett anderes Wertesystem zu vertreten, ist klar. Sobald der muslimische Part jedoch einen höheren Bevölkerungsanteil ausmacht, wird er auch – schon allein durch seine Stimme – mehr Mitspracherecht einfordern und einfordern können. Was in Gottesstaaten passiert, sieht man im arabischen Raum zu genüge. Religionen waren schon immer, so meine Beobachtung, nur solange tolerant, wie sie keine Macht haben. LINK.
Vielleicht spiegelt dieser Aufsatz meine Zwiegespaltenheit bei diesem Thema wieder. Sicher aber, dass es keine einfachen Antworten auf diese Fragen gibt.
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