„In einer Welt, die überflutet wird von belanglosen Informationen, ist Klarheit Macht.“ 

- Yuval Noah Harari

Islamisierung Deutschlands?

1. Werden wir islamisiert? Nein.

Eine der größten Kontroversen unserer Zeit ist die vermeintliche Islamisierung des Abendlandes. Wir werden uns nun die Zahlen für Deutschland anschauen und feststellen müssen: Von einer Islamisierung Deutschlands kann nicht die Rede sein.

1.1. Rückblick

Wie kam der Islam überhaupt nach Deutschland? Vor allem aus der Türkei und durch unsere Gier nach billigen Arbeitskräften. Vor den 1960er Jahren wohnten fast gar keine Muslime hier. Dies änderte sich rasch mit dem Anwerbeabkommen, das die Bundesrepublik mit mehreren muslimischen Staaten schloss. Der Bedarf der dtsch. Wirtschaft an billigen Arbeitskräften war damals groß und ungedeckt, und so eröffnete man folgerichtig Rekrutierungsbüros in Istanbul und Ankara und übernahm insbesondere diejenigen, die am wenigsten Bildung genossen hatten bzw. für wenig Geld dreckiger Arbeit nachgehen. Kurzfristig ging die Rechnung auch auf. Irgendwann bemerkten wir jedoch, dass die Türken bleiben wollten, ihre Familien nachholten und so auch eine neue Kultur mit ins Land brachten. Damit hatten wir in unserem kurzsichtigen Reflex nicht gerechnet.

1.2. Gegenwart

1.3. Vorausschau

Es stimmt zwar, dass muslimische Frauen im Schnitt mehr Kinder gebären, als die in Deutschland gebürtigen. Das liegt jedoch eher an der deutschen Geburtsschwäche, denn an hohen Geburtenraten bei den Muslimen. Experten prognostizieren, dass die muslimische Bevölkerung in D. bis 2030 auf 5,5 Millionen noch anwächst, ihre relative Zunahme verebbt aber schon jetzt. Grund für den Rückgang deutsch-muslimischer Geburtenraten seien u.a. eine Urbanisierung, steigende Bildung und Säkularisierung.

Fazit: Auch Sarrazins Kinder werden nicht in einem Deutschland / Europa aufwachsen, in dem Muslime die demographische Mehrheit stellen. Prognosen für seine Enkel und Enkelsenkel sind kaum möglich. Ein Rückgang der deutsch-muslimischen Geburtenrate lässt sich schon jetzt verzeichnen.

„Aber wenn nicht durch den Geburts- dann überfluten doch über den Sueskanal Millionen muslimischer Immigranten unser Land.“ Falsch, auch hier trügt das Gefühl viele. Tatsache ist, dass wir aufgrund des demographischen Wandels eine starke Immigration benötigen und die meisten Zuwanderer Nichtmuslime, also bspw. Christen aus Osteuropa und Afrika sind.

Außerdem, was viele vergessen, wird auch der muslimische Teil unserer Gesellschaft einen Wandel durchmachen. Sarrazins Kinder werden also schon mit „anderen Muslimen“ aufwachsen, als er es tat. Der Islam (im Westen) wird sich sicherlich ein Stück weit verwestlichen und auch der Westen wird sich mit dem Islam ein Stück weit islamisieren. So ist das immer, wenn zwei Kulturkreise aufeinandertreffen. Die Frage, die noch jeweils im Raum steht, ist nur „wie stark?

2. Überleitung

Die Angst der Menschen, die bspw. unter dem Namen "Pegida" auf die Straße gehen, kommt aber auch nicht von ungefähr. Dass die strenggläubigen Muslime in der Tendenz gewaltbereiter, homophober, frauenverachtender und allgemein unseren westlichen Werten ferner als wir sind, ist ebenso eine Tatsache und irgendwie auch nur logisch. An dieser Stelle ist es ganz wichtig anzumerken, dass diese Adjektive nicht auf alle und in ihrer krassen Form auch nicht auf die Mehrheit der Muslime in Deutschland zutreffen.

Auch wenn die absolute Anzahl der Muslime in D. überschaubar ist, so existieren doch „Ballungsgebiete“, innerhalb denen hauptsächlich Moslems wohnen und oft große soziale Probleme herrschen. So beschreibt Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowski das Problembezirk in seinem Buch als sehr kriminell, und sogar der Begriff islamistische Paralleljustiz fällt in diesem Zusammenhang. Übrigens stammen diese „Ballungsgebiete“ u.a. noch aus den besagten 70er Jahren, als wir die Gastarbeiter allesamt in billige Viertel gesteckt, statt wahrhaft integriert haben. Allein schon damit trugen auch wir Deutschen unseren Teil zur Schaffung von Parallelgesellschaften mit bei.

3. Sollten wir (trotzdem) auf der Hut sein? Ja.

Fangen wir da an, wo wir zuvor aufgehört haben: Man sollte sich von keinem Extrem, keinem Pauschalurteil vereinnehmen lassen. Weder von einer, noch über eine Menschengruppe. Mein Standpunkt ist dabei ein aufgeklärtes, humanistisches Menschen- und WeltbildDieses will ich schmackhaft vorleben und ggfs. auch verteidigen. Gegen Rassisten und gegen Salafisten – gegen Feinde einer freiheitlichen Gesellschaft jeglicher Couleur. Weil es hier jedoch vorwiegend um Islam, Islamisierung und Islamismus (drei verschiedene Dinge!) geht, werde ich mich auch darauf konzentrieren.

Was also tun, gegen die Bedrohungen für eine freiheitliche Gesellschaft, die vom Islamismus ausgehen? Ich weiß ja auch nicht, was genau jetzt das Richtige wäre. Vermutlich hängt die Beantwortung dieser Frage stark von der eigenen Ideologie (Leitkultur oder Multikulti, etc.) ab und ist gar nicht so einheitlich zu beantworten. Außerdem wurde auch schon viel Richtiges und Wichtiges zu dieser Frage gesagt, das ich nicht noch einmal rezitieren brauche.

Eben deshalb möchte ich im Folgenden (nur) ein paar Punkte anbringen, die man so vielleicht noch nicht gelesen hat:

  • Den Rechten kann man es nicht recht machen. Wenn ein Ausländer keine Arbeit hat, ist er für den Rechten ein „Sozialschmarotzer“, hat er Arbeit, so nimmt er „uns Deutschen die Arbeit weg“. Er steht Ausländern aus ideologischen Gründen generell ablehnend gegenüber. Aber wo fängt Rechts an? Sie kennen sicherlich Schlagzeilen wie „Mann mit türkischen Wurzeln begeht Straftat“. Macht sich ein Deutscher derselben Straftat schuldig, wird er nicht extra als „Deutscher“ gebrandmarkt. Wir merken sowas nicht bewusst, aber schreiben und lesen es unbewusst und so prägt es sich tief in unser Hirn ein und beim nächsten Türken, der neben uns in der Bahn steht, heben wir affektiv unsere Brieftasche. Unterliegen wir Inländer hier also apriorischen, und daher ungerechten Vorurteilen? Ja und Nein. Auf individueller Ebene tun wir dem Türken sicher Unrecht, weil wir ihn gar nicht kennen und trotzdem nicht unvoreingenommen behandeln. Warum aber machen wir das? Ganz unbegründet ist unser Verhalten ja nicht, da auf kollektiver Ebene Menschen arabischen Ursprungs im Durchschnitt tatsächlich eher zu Gewalttaten neigen. Wie bei allen Vorurteilen führt auch dieses uns zu falschen und unfairen Schlüssen, ist aber auch nicht nur von irgendwo hergeholt. Was ist also zu tun? Der Deutsche sollte auf den Moslem zugehen und der Moslem sollte dafür sorgen, dass der Deutsche seine Vorurteile fallen lässt.
  • Es ist irrwitzig, dass immer die Toleranz und Respekt einfordern, die selber am Intolerantesten sind. Das gilt für beide Seiten. Dem intoleranten Neonazi stört die Intoleranz der Salafisten und dem intoleranten Salafisten stört die Intoleranz der Neonazis. Man muss aber gar nicht so weit an den Rand der Gesellschaft schauen: Auch der rechtskonservative CSU´ler kann es nicht ertragen, wenn Frauen, Demokratie und Schwule nicht durch ihn, sondern durch andere unterdrückt werden. Auch hier müssen beide Seiten aufeinander zugehen.
  • Bevor sich Islamisten diese Polemik auf die Fahnen schreiben: Was mir persönlich Sorgen bereitet ist Folgendes: Was wäre, wenn die Integrationsbekundungen vieler der hier lebenden Muslime nur ein Ausdruck der (so empfundenen) schwachen, gesellschaftlichen Position sind? Dass 5% der Wohnbevölkerung sich nicht getrauen, offen ein komplett anderes Wertesystem zu vertreten, ist klar. Sobald der muslimische Part jedoch einen höheren Bevölkerungsanteil ausmacht, wird er auch – schon allein durch seine Stimme – mehr Mitspracherecht einfordern und einfordern können. Was in Gottesstaaten passiert, sieht man im arabischen Raum zu genüge. Religionen waren schon immer, so meine Beobachtung, nur solange tolerant, wie sie keine Macht habenLINK.

  • Wie, verdammt nochmal, komme ich von Islam auf Gottesstaat? Die Religion hat ein strukturelles Problem. Während die christlichen Kirchen kraft der Aufklärung aus dem Zentrum der politischen Macht verdrängt wurden, kennt der Islam die Trennung zwischen Gesellschaft und Staat auf der einen und Religion auf der anderen Seite nicht. Er steht quasi da, wo das Christentum vor ein paar hundert Jahren stand. Nicht säkularisierte Staaten bzw. fundamentalreligiöse Gesellschaften wurden aber immer intolerant gegenüber Andersartigen, und das wollen wir ja nicht.

Vielleicht spiegelt dieser Aufsatz meine Zwiegespaltenheit bei diesem Thema wieder. Sicher aber, dass es keine einfachen Antworten auf diese Fragen gibt.

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