„In einer Welt, die überflutet wird von belanglosen Informationen, ist Klarheit Macht.“ 

- Yuval Noah Harari

Die Philosophie von Ausgleich und Veränderung

Die folgenden Ausarbeitungen sind Teil eines größeren Entwurfes. Sie werden nach und nach überarbeitet und erweitert. Ich freue mich jederzeit über Anregungen und Kritik. Die Mechanismen von Ausgleich und Veränderung sind in fast allen relevanten Prozessen vorhanden (siehe z.B. Evolution). Mein Interesse bezieht sich vor allem auf den gesellschaftlichen und politischen Bereich und wie sich die grundlegenden Naturprozesse dort auswirken. Um den Begriff des Ausgleichs von ähnlichen Begriffen abzugrenzen, möchte ich von einem druidischen Gleichgewicht (Da Druiden in Literatur, Film und anderen Medien oft als Vertreter eines natürlichen Gleichgewichts gelten.) sprechen, oder anders ausgedrückt: einem dynamischen Gleichgewicht. Dieses Modell unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von einem statisch stabilen System, das nur ein zeitlich eng begrenztes Gleichgewicht darstellt. Nichts war gefährlicher im Laufe der Geschichte, als der Anspruch, die absolute Wahrheit gefunden zu haben. Viele unterschiedliche Auffassungen zu einem Thema sind aber meist wichtige Aspekte eines weiterführenden Erkenntnissprozesses. Ein wichtiges Ziel sollte es daher sein, verschiedene Denkansätze aufzunehmen und einen friedlichen Ausgleich zu schaffen. Natürlich werden auch die besten Kompromisse keinen dauerhaften Idealzustand erreichen, denn alles in der Natur verändert sich ständig!

Der Weg des Gleichgewichts – Äquilibritas

Zwei Kräfte

Grundsätzlich sind in der Natur zwei grundlegende Kräfte immer wieder zu beobachten: Das Streben nach Stabilität, Gleichgewicht und Harmonie auf der einen Seite, die permanente Veränderung auf der anderen. Diese zwei Kräfte stehen in einem natürlichen Widerspruch zueinander. Nach dem druidischen Verständnis (in meiner Definition) muss man hier einwirken. Der Mensch neigt dazu, sich stabile Strukturen aufzubauen, die möglichst lange halten sollen. Wenn diese Strukturen aber zu stabil sind, um auf Veränderungen zu reagieren, kommt es regelmäßig zu Katastrophen (wie z.B. Kriege und Revolutionen). Doch dazu später mehr. Erst Mal gilt es, sich die beiden Grundkräfte etwas genauer anzusehen.

Das Gleichgewicht

Das Gleichgewicht ist eine natürliche Ordnung. Die verschiedenen Interessen haben die Möglichkeit sich zu positionieren und sind in einem (zeitlich begrenzten) Stabilitätszustand. Es ist auch ein Zustand der Harmonie. Dabei handelt es sich aber um eine idealtypische Konstruktion. Ein perfektes Gleichgewicht wird es wohl kaum je geben. Dennoch ist es von einer wichtigen Bedeutung, denn die Natur versucht ständig einen solchen Zustand herzustellen. Dabei verändert sich das ideale Gleichgewicht ständig und damit auch das angestrebte Ziel. Doch dazu später mehr beim zweiten großen Aspekt – der ständigen Veränderung. Wenn ich sage, dass die Natur einen imaginären Idealzustand anstrebt, dann ist es natürlich kein bewusster Handlungsakt wie bei den religiösen Vorstellungen eines lenkenden Gottes.

 

Beim Anstreben eines natürlichen Gleichgewichtes handelt es sich um einfache Naturprozesse. Gibt es zu viele Raubtiere, wird es schwieriger zu jagen, die Jäger bekommen weniger Junge (weniger Raubtiere). Der Mensch ist diesen Prozessen genauso unterworfen wie alles andere auch. Er kann die Regeln zwar nicht brechen (ohne unterzugehen), aber teilweise verändern. So strebt auch der Mensch nach Gleichgewicht und Harmonie. Dennoch ist er aber oft genug dazu bereit, auch falsche Entscheidungen zu treffen. Oft kommt ein Diktator an die Macht, weil er scheinbar Ordnung und Sicherheit verspricht. Meist ist es eine Reaktion auf unruhige Zeiten und nach größeren Machtkämpfen. Doch dieser Weg führt fast immer in die Krise. Das System erstarrt, verweigert Veränderung und muss mit einem immer massiveren Repressionsapparat arbeiten, um an der Macht zu bleiben.

 

Eine Veränderung ist kaum noch möglich, wodurch der Druck immer größer wird. Es kommt zum Zusammenbruch. Darum ist es wichtig, sich mit den Strukturen auseinanderzusetzen. Das Streben nach Ausgleich und Stabilität lässt sich nicht verhindern. Aber der Prozess, um dieses Ziel zu erreichen, ist von entscheidender Bedeutung für das Ergebnis. Eine freie Demokratie ist eine Möglichkeit, diese natürliche Ordnung zu erreichen. Doch auch in einer Demokratie wird ein bewusster Ausgleich von druidisch denkenden Menschen immer nötig sein. Eine Organisation, die prinzipiell einen solchen Ausgleich verfolgt, ist z.B. das Kartellamt. Eine zu große Machtkonzentration einzelner Konzerne soll verhindert werden, um das wirtschaftliche Gleichgewicht nicht zu gefährden. Wie hier deutlich wird, ist ein Druide (also jemand, der im Sinne des dynamischen Gleichgewichts denkt und handelt) nicht grundsätzlich gegen staatliche Eingriffe. Ein zu mächtiger Staat ist jedoch eine ebenso große, wenn nicht sogar größere Bedrohung als ein wirtschaftlicher Monopolist.

Veränderung

Der imaginäre Idealzustand, der von der Natur angestrebt wird, kann nicht erreicht werden, da sich die Voraussetzungen ständig verändern. Heraklit hat es als Panta rhei bezeichnet (= alles fließt) – die Erkenntnis, dass sich alles verändert. „Wer in den selben Fluss steigt, dem fließt anderes und anderes Wasser zu.“ Alles ist ständig in Bewegung und verändert sich, nichts kann bleiben wie es ist. Gleichzeitig strebt alles nach einem harmonischen Gleichgewicht. Die Veränderung in jedem Augenblick ändert somit auch das Ziel ständig (wenn auch meist nur in kleinen Schritten). Beständigkeit ist nur eine Illusion. Alles ist ständig im Fluss, ist in Veränderung. Diese Erkenntnis spielt auch im Buddhismus eine wichtige Rolle. Siehe dazu auch den philosophischen Beitrag „Unveränderliches Ich = bloße Illusion?“, der zwar der Frage nachgeht, ob es ein substanzielles bzw. festes Ich gibt, jedoch auch die frühbuddhistische Erkenntnis einer steten Veränderung der uns umgebenden Welt anspricht: „In einer Welt, die so vergänglich wie der in ihr existierende menschliche Körper ist, werden wir jedoch niemals eine endgültige Erfüllung oder Befriedigung im Zusammenhang mit den Dingen finden, an die wir uns klammern, da deren Vergänglichkeit vorprogrammiert ist und dazu führt, dass wir sie früher oder später wieder verlieren oder zumindest ihre stete Veränderung erfahren müssen.“

 

Wer nun aber dennoch behauptet, dass es etwas Unveränderliches in der Welt gebe, unterliegt einem Trugschluss. Man kann nur die Art der Veränderung, den Prozess des Übergangs beeinflussen, aber keinen endgültigen Ausweg aus der Veränderung finden. Doch in einer Welt, die sich mit dem (flexiblen) Ausgleich arrangiert hat, kann man gut leben. Der Wandel verliert darin einen Teil seines zerstörerischen Charakters, ohne dabei den Fortschritt zu verhindern. Eine Macht ist zu stark, wenn sie in der Lage ist, den notwendigen Ausgleich stark zu behindern. Veränderungen werden spätestens dann notwendig, wenn sich die Grundvoraussetzungen für das aktuelle Gleichgewicht ändern. Deswegen scheitern auch alle Utopien früher oder später, da sie von einem festen Idealzustand ausgehen. Wie stark eine Macht sein kann, ohne automatisch zu einer Bedrohung für den Ausgleich zu werden, hängt stark vom jeweiligen System ab. Eine Kanzlerin Merkel ist kein Problem. Eine CDU-Regierung mit einer 2/3-Mehrheit wäre eine Gefahr (dies gilt selbstverständlich auch für jede andere Partei), da die Gefahr besteht, dass sich die Herrschaft so stark verfestigt, dass die Kräfte der Veränderung nicht mehr ausreichend arbeiten können.

Das dynamische Gleichgewicht

Prämissen

Simple aus der Natur abgeleitete Grundlagen der Theorie.

 

1) Alles in der Natur strebt zum Gleichgewicht (hier im Sinne von Stabilität: Suche nach möglichst reibungslosen Strukturen bzw. Harmonie)

 

2) Alles verändert sich. (Chaos, aber auch Fortschritt; Heraklit: Panta rhei – alles fließt; Buddhismus: Dinge können bestenfalls den Anschein von Beständigkeit erwecken, aber in Wirklichkeit verändert sich alles.)

 

Wir haben die zwei unterschiedlichen Naturkräfte gesehen – Suche nach Stabilität und ständige Veränderung. Diese zwei unterschiedlichen Kräfte gilt es miteinander zu versöhnen. Das druidische Ziel ist ein dynamisches Gleichgewicht (!!), das sich einer Änderung ohne große Schwankungen/Chaos anpassen kann. Ein nur statisches Gleichgewicht ist scheinbar stabil, bricht aber ab einem bestimmten Druck in sich zusammen (ähnlich dem Zerdrücken eines Erdnussflips oder dem Ende einer Diktatur). Eine Aktion kann nur bis zu einem bestimmten Punkt ausgeführt werden, bevor das Pendel wieder zurückschlägt. Je stärker man ein Pendel in eine Richtung drückt, umso stärker ist die spätere Ausgleichsreaktion, die dazu führt, dass es jetzt oft zum anderen Extrem übergeht. Nach einer großen Störung des Gleichgewichts kommt es oft zu einem Pendeln zwischen den Extremen, mit teils zerstörerischen Folgen. Genau diese starken Ausschläge versucht der Druide zu verhindern, um eine möglichst harmonische Entwicklung zu sichern (kleinere Ausschläge gehören aber zur normalen Weiterentwicklung und sind wichtig, um das Problem der Statik zu lösen).

 

Der Mensch muss sich weiterentwickeln und darf nicht stehenbleiben. Dabei muss er jedoch auf das (sich ändernde) Gleichgewicht achten, damit sich der Wandel harmonisch und ohne größere Katastrophen vollzieht. Ein Druide muss deshalb auch flexibel sein (kein statischer Stabilitätszustand). Keine Macht, auch wenn sie noch so stark und unüberwindlich scheint, kann sich dauerhaft dem natürlichen Streben nach Ausgleich entgegenstellen. Es handelt sich dabei um einen Naturprozess, der verlangsamt und beeinflusst werden kann, jedoch nicht zu stoppen ist. Doch wenn sich das Gleichgewicht irgendwann von selber wiederherstellt, warum sollte man in diesen Prozess eingreifen? Je größer die Verletzung des Gleichgewichts, umso heftiger stellt es sich wieder her. Krisen, Kriege und ökologische Katastrophen können die Folge sein. Ziel muss es aber sein, die Krisen, die mit der Verletzung der natürlichen Ordnung einhergehen, zu vermeiden bzw. abzuschwächen.

 

Ein typisches Beispiel sind Revolutionen. Die alte Ordnung (meist starr, unflexibel, ungerecht) wird beseitigt. Je fester die alten Strukturen sind, umso blutiger fällt meist die Revolution aus. Im (seltenen, aber anzustrebenden) Idealfall entsteht eine Gesellschaft, in der sich die unterschiedlichen Interessengruppen friedlich ausgleichen können. Doch oft setzt sich eine Gruppe an die Spitze und errichtet eine neue Diktatur. Im Moment ihrer Entstehung herrscht dabei oft ein strukturelles Gleichgewicht (zumindest stärker als bei der alten Ordnung; z.B. kubanische Revolution, in deren Verlauf die Benachteiligung der Bevölkerung zunächst stark verringert wurde, bis die starre Ideologie eine Anpassung des Gleichgewichts verhinderte). Doch die neue Herrschaft ist zu starr, um auf Veränderungen ausreichend zu reagieren. Der Druck der Veränderung nimmt immer weiter zu, was meist zu einer noch stärkeren Verhärtung der Strukturen führt.

 

Der Zusammenbruch ist dann meist vollständig. Ein flexibleres System ermöglicht immer den Ausgleich in kleineren Dosen. Der Mensch neigt dazu, sich aus einem Sicherheitsbedürfnis heraus unterzuordnen. Im Namen der Ordnung ist er oft dazu bereit, der Machtkonzentration einer einzelnen Organisation zuzustimmen. Doch in Wahrheit wird dadurch die Ordnung nur gefährdet. Die Gesellschaft wird durch das Streben interessengeleiteter Organisationen weiterentwickelt. Sie sind es, die durch das Streben nach Verbesserungen und durch die Konkurrenz untereinander den Fortschritt schaffen. Außerdem muss eine Gesellschaft flexibel auf Veränderungen und neue Herausforderungen reagieren. Druiden sorgen für eine gleichmäßige Entwicklung und versuchen ein durch den (ständigen) Wandel bedingtes Ungleichgewicht zu verhindern. Der entscheidende Punkt ist, dass es nicht darum geht, wer eine große Machtstellung erreicht. Auch stellt sich bestenfalls am Rande die Frage, welche Positionen er vertritt. Er wird immer zu einer Bedrohung für Freiheit und Ordnung werden, außer er gäbe seine Machtfülle freiwillig wieder ab. Doch dies ist wohl nur in sehr seltenen Einzelfällen wirklich der Fall.

Grundlegende Feststellungen

1) Je stärker das Gleichgewicht gestört ist, umso schlimmer die Folgen.

Man kann es gut bei Diktaturen beobachten. Eine Diktatur hat das Problem, dass sie innere Konflikte nur unzureichend bewältigen kann. In der Diktatur gibt es zwei Möglichkeiten: man lässt eine wie auch immer geartete Opposition zu (z.B. ein paar regierungskritische Medien). Das kann dazu führen, dass die Diktatur irgendwann weitgehend friedlich zu Ende geht. Das Gleichgewicht stellt sich wieder her. Manche Diktaturen, gerade wenn sie schon länger Bestand haben, unterdrücken radikal jede Opposition. Das Gleichgewicht kann sich dann im Regelfall nicht mehr friedlich herstellen. Die Probleme werden unterdrückt, das System wird immer starrer und der Druck immer größer, bis es zu einer, meist sehr blutigen, Revolution kommt. Die Revolution führt jedoch nicht immer zum Gleichgewicht, gerade nach einer langen Diktatur wird oft nur das eine Extrem von dem anderen abgelöst. Hier kann es wichtig sein, die Kräfte der alten Diktatur zu bewahren, um ein Gegengewicht zu den Siegern der Revolution zu bilden. Dies ist umso schwieriger je länger die alte Diktatur Bestand hatte.

2) Niemand darf zu stark werden!

Jede Organisation, Partei, Firma oder Gruppierung, die zu viel Macht anhäuft, ist gefährlich. Dabei ist es fast völlig egal, welche Ideologie oder Überzeugung sie vertritt. Das Problem in Ungarn beispielsweise ist nicht nur, dass die Fideszpartei die Sozialisten abgelöst hat. Das Problem ist, dass ihnen die Wähler eine 2/3-Mehrheit gegeben haben und außerparlamentarische Gegenkräfte zu schwach sind, um das Machtübergewicht zu kompensieren. Eine fiktive Druidenpartei mit 2/3 der Sitze in einem Parlament wäre ebenfalls abzulehnen!

 

Damit ist auch die Unterordnung unter eine Parteidisziplin prinzipiell nicht möglich. Natürlich kann man Parteien unterstützen, deren Werte und Positionen einem gefallen, solange diese fürs Gleichgewicht nicht zur Gefahr werden. Doch Ziel sollte im Regelfall eine Dezentralisierung der Macht sein. Je größer eine einzelne Macht wird, umso gefährlicher ist sie für das Gleichgewicht. Es stellt sich dabei nicht die Frage, ob diese Macht nun in Form einer Person, Partei oder anderen Organisation auftritt.

 

Auf der Wirtschaftsebene ist das bereits zuvor angesprochene Kartellamt eine Organisation im druidischen Geist. Sie soll das Marktübergewicht einzelner Firmen verhindern, sobald es den freien Handel behindert. Das Gleichgewicht der Kräfte muss vor zu starken Marktteilnehmern geschützt werden.

 

Lange Regierungszeiten einzelner Personen, aber auch Parteien selbst sind in einer Demokratie eine Gefahr. Die Gesellschaft stellt sich zu stark auf die Führenden ein. Es kommt zu einer Verfestigung der Strukturen, das freie Spiel der Kräfte wird gestört – mit negativen Folgen. Veränderungen können nicht mehr rechtzeitig ausgeglichen werden, um die Harmonie zu wahren.

2a) Was lokal gelöst werden kann, soll lokal gelöst werden!

Lokale Lösungen sind schneller, weniger bürokratisch und lassen dem Spiel des Gleichgewichts mehr Raum. Unterschiedliche Lösungsansätze können in Wettbewerb treten. Ein natürliches Gleichgewicht stellt sich besser ein.

2b) Je größer eine Organisation oder Struktur wird, umso transparenter, einfacher und demokratischer muss der Aufbau sein (modernere Kommunikationsformen ermöglichen größere demokratische Strukturen).

Als Beispiel: Im Kleinen (ein paar tausend Einwohner) kann auch eine Monarchie eine praktische Herrschaftsform sein. Der Herrscher ist abhängig von seinen Untertanen und muss richtige Entscheidungen treffen, da er sonst schnell seine Macht verliert. Er regiert tendenziell im Sinne des Volkes. Bei einem größeren Staatsgebilde kann selbst eine theoretische Demokratie dazu benutzt werden, um eine Herrschaft gegen das Volk durchzusetzen, wenn die Entscheidungsstrukturen zu undurchsichtig und komplex werden, um vom Volk erfasst zu werden.

3) Es gibt keinen Idealzustand!

Eine ideale bzw. utopische Gesellschaft kann es aus druidischer Sicht nicht geben. Vielmehr lebt alles von dem Spiel mindestens zweier Kräfte und ständigen Wandlungen. Ein Utopia wäre erstarrt und daher nicht mehr in der Lage, einen Ausgleich herbeizuführen. Langfristig ist damit jede Utopie zum Scheitern verurteilt. Allerdings kann das Streben nach einem Idealzustand durchaus zu Fortschritt und Verbesserung führen (Dialektik – These, Antithese, Synthese).

4) Handeln im Sinne des Gleichgewichts?

Wichtig ist es, die Erkenntnis zu erlangen, dass es keine absoluten Wahrheiten gibt. Unterschiedliche Weltanschauungen können wahre Aspekte eines größeren Ganzen umfassen. Zwei gegensätzliche Positionen zu einem Thema können Teile einer Wahrheit sein. Wenn man druidisch an ein Problem herangeht, sollte man nicht vorschnell einer Seite einen Vorzug geben, sondern versuchen, einen Ausgleich zwischen beiden zu schaffen. Das heißt nicht, dass sich ein druidisch denkender Mensch nicht auch für eine extreme Position einsetzen kann. Er tut dies jedoch aus einem Grund: das Gleichgewicht zu stärken. Dies erreicht er oft, indem er einen Gegenpol zu einer anderen stärkeren Position unterstützt bzw. Strukturen stärkt, die einen leichteren Ausgleich ermöglichen. Grundsätzlich wird die Führung einer einzelnen Fraktion oder Partei abgelehnt. Konsequent gedacht bedeutet es auch, dass es oft günstig ist, eine wie auch immer gearteten Opposition zu unterstützen. (Wobei natürlich auch deren Ziele wichtig sind.) Nicht unbedingt, weil man etwas gegen die Politik der gerade Herrschenden hat, sondern aus der Erkenntnis des notwendigen Gleichgewichts der Kräfte heraus.

Faktoren der Trägheit

Probleme entstehen durch die Trägheit. Die meisten Menschen wollen, dass alles so bleibt wie es ist. Dabei sind es natürlich besonders die Menschen, die Macht und Einfluss haben. Der Herrscher möchte seine Macht erhalten, die Kirche den Glauben sichern. Hieraus resultiert die Tendenz des Druiden, auf der Seite der Schwächeren zu stehen. Dabei stehen Religionen und Ideologien oft einem dynamischen Gleichgewicht entgegen. Im Bewusstsein, eine absolute Wahrheit zu vertreten, treten sie oft Veränderungen entgegen. Das kann im Sinne von Stabilität nützlich sein, ist im Sinne der Dynamik und Veränderung jedoch problematisch.

 

Religion ist die Suche nach dem Unveränderbaren. Sie hat ihre Wurzeln in der Angst vor der ständigen Veränderung (wie Tod und Verfall). In allen großen Religionen wird irgendwann ein endgültiger Zustand erreicht (beispielsweise Himmel, Hölle etc.). Da sich aber alles verändert, wirkt Religion als Kraft der Trägheit. Religion kann im Sinne eines Gegengewichts manchmal hilfreich sein, wird durch den dogmatischen Ansatz aber oft zur Gefahr für einen friedlichen Ausgleich.

 

Ideologien sind Teil des Ausgleichs und stehen ihm gleichzeitig im Weg. Sie entstehen meist in Zeiten eines großen Ungleichgewichtes. So entstand beispielsweise der Kommunismus aus der Unterdrückung der Arbeiterklasse heraus, die aber gleichzeitig an Bedeutung immer weiter zunahm. Doch die starre Ideologie des „real existierenden Sozialismus“ konnte nicht genug auf Veränderungen reagieren und ging an der eigenen Unflexibilität zugrunde. Der Anspruch, die absolute Wahrheit gefunden zu haben, war bereits der Kern des Untergangs.

Gastbeitrag von: Alexander Bringmann (CC BY-NC-SA 3.0.)

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