„In einer Welt, die überflutet wird von belanglosen Informationen, ist Klarheit Macht.“ 

- Yuval Noah Harari

Frank Jacksons intensionale Repräsentationstheorie der Bedeutung

Eine repräsentationale Semantik besagt, dass die Bedeutung eines sprach-lichen Ausdrucks dasjenige ist, was er zum repräsentationalen Gehalt beisteuert.

Frank Cameron Jackson vereint diese beiden Ansätze in einer intensionalen repräsentationalistischen Semantik.

Ausgangsfragen: Was für Dinge (im weitesten Sinne) repräsentieren etwas als soundso seiend – haben einen Gehalt, handeln von oder beschreiben etwas etc.?

·        Was repräsentieren diese Dinge?

·        Tun sie dies auf natürliche oder nichtnatürliche Weise?

·        Sind sie kommunikativ im engen Sinne, d.h. dienen sie der Informationsübermittlung?

Drei Beispiele:

Baumringe: die Anzahl der Ringe repräsentiert das Alter des Baumes natürlich (aufgrund von Witterung) nichtkommunikativ.

Bienentänze: Ausrichtung und Länge repräsentieren Richtung und Entfernung ergiebiger Nahrung. natürlich (genetisch) kommunikativ.

Schatzkarten: repräsentieren die Lage eines bestimmten Schatzes nichtnatürlich (konventional) kommunikativ.

Frage 1: Was heißt hier "repräsentieren"?

A. Repräsentieren heißt, Möglichkeiten auszuschließen, wie sich die Dinge verhalten.

„13 14 20 28 29 33“ repräsentiert die Lottozahlen vom 23.5.2009.

Warum? Weil hier alle anderen Möglichkeiten für die Zahlen ausgeschlossen sind.

Ein feines Kreuz auf der Schatzkarte repräsentiert die Lage des Schatzes.

Warum? Weil hier alle sonstigen Möglichkeiten für seine Lage ausgeschlossen sind.

Ein mittelgroßer Kreis auf der Schatzkarte wäre weniger informativ.

Warum? Weil er eine ganze Reihe möglicher Lagen des Schatzes nicht ausschließt.

Frage 2: Was ist ein repräsentationaler Gehalt?

B. Etwas ist umso informativer, je mehr Möglichkeiten es ausschließt.

Warum ist ein Farbfoto informativer als ein SchwarzWeißBild desselben Motivs?

Weil das Farbfoto Möglichkeiten ausschließt, die das swBild nicht ausschließt.

Dies sind Möglichkeiten darüber, welche Farben die abgebildeten Gegenstände haben.

C. Möglichkeiten auszuschließen ist nichts anderes als mögliche Welten als die aktuale Welt auszuschließen.

Unsere Grundfrage: Wie ist unsere Welt? Welche der vielen möglichen Welten ist die aktuale, d.h. die Welt, in der wir leben?

Jede Information über unsere Welt erlaubt uns, mögliche Welten als die aktuale Welt auszuschließen.

Es erlaubt uns zu sagen: In diesen Welten leben wir nicht.

(Dabei betrachten wir stets nur bestimmte Welten als in Frage kommend.)

D. Der repräsentationale Gehalt von etwas X entspricht der Menge M der möglichen Welten, von denen X ausschließt, dass sie die aktuale sind.

166 Ringe am Stamm von Oldtree schließen z.B. aus, dass unsere aktuale Welt eine ist, in der Oldtree nicht 166 Jahre alt wurde.

Ein Kreuz bei 21° 18′ 32″ N 157° 49′ 34″ W auf der Schatzkarte schließt aus, dass unsere Welt eine ist, in der der Schatz woanders liegt.

Warum ist das sprachphilosophisch interessant?

„Der Mörder von Tölz ist der Butler“ – schließt alle anderen Möglichkeiten (den Gärtner, die Ehefrau, den gestiefelten Kater etc.) aus.

„Es regnet gerade“ – schließt für den relevanten Ort viele Möglichkeiten aus, wie das Wetter dort ist. 

Einsicht: Sätze (bzw. Äußerungen) haben repräsentationale Gehalte. Sie repräsentieren die Welt als auf eine bestimmte Weise seiend und erlauben uns, Möglichkeiten auszuschließen.

Das passt exzellent zu unserer intensionalen Semantik, gilt doch:

Also: Die Wahrheitsbedingungen eines Satzes und sein repräsentationaler Gehalt sind zwei Seiten ein und derselben Medaille. Sie legen einander wechselseitig fest.

Die Wahrheitsbedingungen von „Es schneit“ = die Menge der Welten, in denen es schneit.

Der repräsentationale Gehalt von „Es schneit“ = die Menge der Welten, die dadurch ausgeschlossen sind, d.h. die Menge der Welten, in denen es nicht schneit.

Diese Mengen bestimmen einander. Wenn ich weiß, in welchen Welten S wahr ist, weiß ich auch, welche Welten S als aktuale ausschließt.

Also: Wir können die intensionale Semantik also als eine Theorie der repräsentationalen Gehalte von Ausdrücken und Sätzen verstehen.

Das repräsentationalistische Bild von Sprache

Frage 4: Was ist Sprache? Sprache ist wesentlich ein Mittel der Repräsentation und Kommunikation (eng verstanden als Informationsübermittlung).

Inwiefern ist Sprache ein Mittel der Repräsentation? Sätze haben Wahrheitsbedingungen und damit repräsentationale Gehalte.

Inwiefern ist Sprache ein Mittel der Kommunikation (eng verstanden)? Weil sie Wahrheitsbedingungen und damit repräsentationalen Gehalt haben, können wir uns mit behauptenden Äußerungen von Sätzen gegenseitig darüber informieren, wie unsere Welt ist (bzw. wie wir glauben, dass sie sei).

- Die Behauptung ist nicht, dass Sprache nur der Informationsübermittlung dient. Die These ist, dass dies ein wesentlicher Aspekt natürlicher Sprachen ist.

- Der Repräsentationalist betont, dass eine Theorie von Wahrheitsbedingungen /repräsentationalen Gehalten nur ein Element einer vollständigen Sprachtheorie sein kann. Aber sie ist der Kern der Semantik – so die These.

- Was muss hinzukommen? Mindestens eine Theorie von Referenz (generell: der Eigenschaften von Wörter bzw. Teilen von Sätzen) und eine Theorie von Sprechakten (von Handlungen, die wir mit Äußerungen vollziehen).

Abschlussfragen:

Semantische Analyse: Welches sind die semantischen Eigenschaften unserer Sätze und Ausdrücke?

Meta-Semantische Erklärung: Warum haben unsere Ausdrücke und Sätze diejenigen semantischen Eigenschaften, die sie haben? 

Die intensionale Semantik gibt darauf keine Antwort. Aber wir können uns an die Theorie der Repräsentation halten. Danach gilt: Welche semantischen Eigenschaften etwas hat, kann ganz unterschiedliche Gründe haben – natürliche Beziehungen, genetische Codierung oder (stillschweigende oder explizite) Übereinkunft.

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