Heisenbergsche Unschärferelation

Die Heisenbergsche Unschärferelation (auch: Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation) besagt, dass bestimmte komplementäre Eigenschaften eines Quantensystems nicht gleichzeitig beliebig genau bestimmbar sind.

Das bekannteste Beispiel für komplementäre Eigenschaften sind der Ort und Impuls. Je mehr sich der Wert des Ortes eines Quantensystems einem definiten nummerischen Wert annähert, desto größer ist die Unbestimmtheit des Wertes des Impulses und umgekehrt. Es gibt keinen Zustand, in dem das System sowohl in einem beliebig kleinen Gebiet des Raumes lokalisiert ist als auch einen beliebigen definiten Wert des Impulses besitzt. Das ist der Inhalt der Unschärfe-relation in Bezug auf Ort und Impuls, den man mathematisch so darstellen kann:

Δp*Δq ≥ 0,5 * (ħ/ 2*π)

In dieser Formel steht "p" für den Impuls, "q" für den Ort, "Δ" steht für die Abweichung von einem definiten nummerischen Wert (d.h. die "Unschärfe") und "" steht für das Planck´sche Wirkungsquantum. Diese Formel besagt somit: Es gibt keinen Zustand eines Quantensystems, in dem das Produkt der Unbestimmtheit des Impulses und des Ortes unter einen bestimmten Wert fällt.

Diese Beziehung wird häufig "Unbestimmtheitsrelation" genannt. Dieser Ausdruck kann irreführend sein: Es gibt keine Unbestimmtheit im Sinne von Impräzision. Die obenstehende mathematische Relation zeigt einen präzisen untersten Wert für das Produkt der Unschärfe von Ort und Impuls an. Der Ausdruck "Unschärferelation" kann ebenfalls irreführend sein: Diese Beziehung hat nichts mit der Unschärfe beim Beobachten von Quantensystemen zu tun. Unschärfe ist nach der Heisenbergschen Unschärferelation etwas, das bestimmten Eigenschaften von Quantensystemen als solche zukommt.

Ort und Impuls sind nicht das einzige Beispiel für inkompatible Eigenschaften. Vom Formalismus der Quantentheorie her ist zu erwarten, dass es für jede zeit- oder zustandsabhängige Eigenschaft eines Quantensystems andere Eigenschaften desselben Systems gibt, mit denen diese Eigenschaft inkompatibel ist. Eine gegebene Eigenschaft ist nicht mit allen anderen Eigenschaften desselben Systems inkompatibel, aber dennoch gibt es für jede zustandsabhängige Eigenschaft eines Quantensystems mindestens eine andere zustandsabhängige Eigenschaft eines Quantensystems, mit diese Eigenschaft inkompatibel ist. Ein einfaches Beispiel für inkompatible Eigenschaften ist der Spin in allen drei orthogonalen Raumrichtungen – der Spin in Richtung der x-Achse (Spin x), der Spin in Richtung der y-Achse (Spin y) und in Richtung der z-Achse (Spin z).

Allgemein können wir die Situation in der Quantenphysik in folgender Weise zusammenfassen: Wenn in der klassischen Physik eine Eigenschaft verschiedene mögliche Werte haben kann (sagen wir, die Werte "plus" und "minus"), dann ist das System immer in einem Zustand, in dem es genau einen dieser Werte besitzt und alle anderen Werte ausgeschlossen sind. In der Quantenphysik hingegen kann ein System ohne Weiteres in einem Zustand sein, der eine Überlagerung beziehungsweise Superposition aller möglichen Werte dieser Eigenschaften ist.

Das Superpositionsprinzip hat weitreichende Konsequenzen. Erstens, wenn man eine zustandsabhängige Eigenschaft eines Quantensystems misst, dann registriert das Messgerät nicht den Wert einer Eigenschaft, den das Quantensystem unabhängig von seiner Interaktion mit dem Messgerät hat. Vielmehr erwirbt das Quantensystem einen definiten nummerischen Wert der betreffenden Eigenschaft nur durch die Interaktion mit dem Messgerät. Zweitens, es ist nicht voraussagbar, welchen definiten numerischen Wert ein Quantensystem in einem gegebenen Zustand im Falle einer Messung haben wird. 

Es können nur Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Messergebnisse berechnetet werden. Betrachten wir ein einfaches Beispiel, den Spin in zwei orthogonale Raumrichtungen. Gegeben sei ein System mit Spin ½ wie zum Beispiel ein Elektron. Wenn wir den Spin in Richtung der z-Achse messen und als Ergebnis, sagen wir, Spin plus bekommen, dann können wir über das Ergebnis einer nachfolgenden Messung des Spin in Richtung der x-Achse nur dieses sagen: Die Ergebnisse Spin plus und Spin minus haben beide die Wahrscheinlichkeit 0,5.

Die Quantentheorie scheint die erste grundlegende physikalische Theorie zu sein, die einen Indeterminismus und einen objektiven Zufall zulässt. Damit scheint sie auch den Satz vom zureichenden Grund zu verletzen. Denn welches im jeweiligen Fall das konkrete Messergebnis ist, scheint vor der Messung unbestimmt zu sein und sich bei der Messung zufällig zu entscheiden. Die Frage, wie Messergebnisse und die Wahrscheinlichkeit von Messergebnissen in der Quantentheorie interpretiert werden sollten, ist jedoch Gegenstand einer Kontroverse. Siehe die Artikel: Messproblem und Interpretationen der QM.

Werner Heisenberg
Werner Heisenberg

Siehe auch

Stand: 2020

Kommentare: 1
  • #1

    Philoclopedia (Samstag, 10 Dezember 2022 14:48)

    https://youtu.be/qC0UWxgyDD0


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