„In einer Welt, die überflutet wird von belanglosen Informationen, ist Klarheit Macht.“ 

- Yuval Noah Harari

Gott: Contraargumente

Atheologisches Argument gegen Gott
Beweis der Nichtexistenz Gottes

Vorbemerkung

Es wird oft behauptet, dass man »etwas Negatives nicht beweisen kann«. Das ist esoterischer Unfug. Wenn man beweist, dass 1 + 1 = 2 ist, hat man unendlich viele Aussagen negativ bewiesen, nämlich 1 + 1 = 1 ist ebenso falsch wie jedes andere Ergebnis außer 2. Jede Behauptung lässt sich negativ formulieren, als logische Umkehrung. Wenn man 1 + 1 = 2 als gegeben nimmt, ist der Satz »Es ist nicht der Fall, dass 1 + 1 = 2 ist« widerlegt. Die Inversion »Es ist nicht der Fall, dass es nicht der Fall ist, dass 1 + 1 = 2 ist« wiederum muss wahr sein.

Das logische Gegenteil einer Feststellung kann man bilden, in dem man »Es ist nicht der Fall, dass …« vor diese setzt. Führt man dies zweimal durch, ergibt es den Ausgangssatz. Man könnte nichts beweisen, wenn das nicht funktionierte.

Kann man Nichtexistenz beweisen?

Dazu hat man folgende Möglichkeiten:

1.    Man zeigt, dass Eigenschaften eines Objekts zu logischen Widersprüchen führen. So existieren keine verheirateten Junggesellen, gleichgültig, welche Logik man verwendet oder wie man das formuliert.

2.    Modus Tollens: Man belegt, dass die zwangsläufige Folge, wenn A existiert, B ist. Kann man demonstrieren, dass B nicht der Fall ist, gibt es A nicht.

3.    Man beweist, dass etwas sehr unwahrscheinlich ist. Das reicht aus, von der Nichtexistenz auszugehen, obwohl man es im direkten Sinne nicht bewiesen hat.

Der folgende Beweis benutzt die erste Möglichkeit. Er demonstriert, dass die Annahme eines Schöpfergottes zu einem logischen Widerspruch führt.

Definition: Gott

Gott ist u. a. der Schöpfer aller Materie. [1]

Das ist die grundlegende monotheistische Behauptung[2]. Laut den Theologen soll Gott die Welt »aus dem Nichts« erschaffen haben. Es existierte vor dem Schöpfungsakt keine Materie, das ist die Voraussetzung dieser Aussage.

Definition: Materie

Materie ist alles, was mit gleicher Kraft zurückschlägt, wenn man sie stößt. Materie und Energie sind, laut Relativitätstheorie, äquivalent (gleichwertig, gleichbedeutend).

Man kann auch sagen, dass Materie und Energie dasselbe sind. Im Folgenden, wenn ich »Materie« sage, könnte ich auch stattdessen »Energie« schreiben, ohne dass dies am Sinngehalt der Aussage etwas ändert.

Äquivalenz von Raum und Zeit

Raum und Zeit sind äquivalent (zwei Kehrseiten derselben Medaille). In der Relativitätstheorie redet man daher nur von Raumzeit.

Man kann auch sagen: Ohne Raum gibt es keine Zeit, oder ohne Zeit gibt es keinen Raum.

Kein Raum ohne Materie, keine Zeit ohne Materie

Materie kann ohne Raum nicht existieren. Ihre grundlegende Eigenschaft ist, dass sie Raum benötigt. Zeit ist definiert als die Bewegung von Materie/Energie in einem Raum. Man redet daher auch von einem Raum-Zeit-Kontinuum (Relativitätstheorie). Ohne Materie gibt es daher auch keine Zeit. Ohne Zeit gibt es keine Materie. Ohne Raum gibt es weder Zeit noch Materie.

Zeit vergeht, in dem sich Materie oder Energie in einem Raum bewegt.

Man kann es so formulieren: Materie/Energie und Raumzeit bilden eine Einheit – das eine kann es ohne das andere nicht geben.

Nach der antiken Vorstellung – noch bei Newton zu finden – existiert eine absolute Zeit und ein absoluter Raum ohne Materie oder Energie. Das ist falsch, wie man beweisen kann. Zeit ist von der Bewegung abhängig, deswegen gibt es im Universum keine Gleichzeitigkeit: Man kann von zwei Ereignissen nicht behaupten, sie fänden gleichzeitig statt. Ob Ereignis A vor, gleichzeitig, oder nach B stattfand, ist von der Position und der Geschwindigkeit abhängig, mit der sich ein Beobachter bewegt. Das ist eine der bizarren Folgerungen aus der Relativitätstheorie.

Definition: Nichts

Wenn man behauptet, dass Gott die Welt »aus dem Nichts« erschuf, dann setzt dies voraus, dass vor dem Schöpfungsakt weder Materie/Energie, noch Raum oder Zeit (Raumzeit) existierte.

Nichts ist die Abwesenheit von Raum, Zeit, Materie und Energie. [3]

Die Annahme, dass es vor dem Schöpfungsakt etwas gab, und sei es ein absolutes Nichts[4], führt zu einem logischen WiderspruchVor setzt die Existenz von Zeit voraus.

Man kann den logischen Widerspruch nur aufheben, in dem man folgende Feststellung trifft:

Es gab niemals eine Zeit ohne Materie. Das ist es, was ich weiter oben ausgedrückt habe. Andere, gleichbedeutende Formulierung: Es gab zu jeder Zeit Materie[5].

Der Akt der Schöpfung

In der Definition von Gott steckt nun folgende Voraussetzung: Da Gott die Materie aus dem Nichts erschuf, muss es eine Aktion gegeben haben, vor der es keine Materie gab. Danach existierte Materie.

 

Es gab keine Zeit vor der Existenz der Materie. Das ist ein logischer Widerspruch.

Das liegt daran, dass es ohne Materie keine Zeit geben kann.

 

Um eine Aktion auszuführen, oder einen Akt, benötigt man Zeit.

Einfach deswegen, weil es eine Zeit vor der Aktion und nach der Aktion geben muss. Gott hatte keine Zeit, um die Zeit zu erschaffen (Draygombs Paradoxon).

Die Erschaffung der Zeit würde selbst Zeit in Anspruch nehmen. Nicht nur das, es führt zu dem logischen Widerspruch, dass es eine »Zeit vor dem Beginn der Zeit« gegeben hat. Das ist ganz klar unsinnig.

Es nützt auch nichts (ein beliebter Einwand), die ad-hoc-Annahme einer »parallelen« Zeit einzuführen. Es ist ein beliebter Trick, um Argumente für Gott vor Gegenargumenten zu retten, immer genau das zu postulieren, was man gerade so braucht. Denn für eine andere Zeit gilt derselbe Vorbehalt. Das bildet einen unendlichen Regress an »Zeiten«. Gott als zeitlos zu definieren nützt auch nichts, weil dies exakt zu Draygombs Paradoxon führt.

Folgerung

Gott hatte keine Zeit, um die Materie zu erschaffen.

Das lässt sich auch äquivalent formulieren: Gott benötigte Materie, um Materie zu erschaffen. Oder er benötigte Zeit, um die Zeit zu erschaffen. Beides hatte er nicht – das folgt aus seiner Definition.

 

Die Erschaffung von Zeit setzt Zeit voraus, die Erschaffung von Materie setzt Materie voraus – das führt zu einem logischen Widerspruch.

Man setzt voraus, was Gott erst erschaffen müsste.

 

Ein Schöpfer von Zeit, Raum, Materie oder Energie existiert nicht.

Ein jüdisch-christlich-islamischer oder deistischer Schöpfergott kann unmöglich existieren, da seine Definition logisch widersprüchlich ist.

Einwände

Um diesen Beweis zu widerlegen müsste man die Falschheit der Relativitätstheorie beweisen. Wer immer das schafft, wir werden sicher bei der Verleihung des Nobelpreises an ihn von ihm hören.

Es mag schwer sein, sich von antiken Konzepten über Zeit, Raum und Materie zu lösen. Aber wenn man Einwände aufgrund dieser mangelhaften, veralteten und bewiesenermaßen falschen Konzepten macht, berührt dies den Beweis nicht.

Beliebige Postulate und Ad-hoc-Annahmen helfen auch nicht. Man kann die zentrale Argumentation nicht so einfach umgehen.

Das Gott »der Logik nicht gehorcht« beweist nichts außer der Tatsache, dass »Gott« ein irrationales Konzept ist. Man mag ja gerne daran glauben, nur sollte man nicht behaupten, dass der Atheismus unlogisch sei, wenn man für seinen Gott nach eigenem Belieben die Logik über Bord wirft.

Vor allem ist es ein intellektuell höchst unredlicher Trick, wenn man einerseits festlegt, dass es keinen Beweis gegen Gott geben kann, andererseits aber behauptet, es sei »unlogisch«, ohne Beweis gegen Gott ein Atheist zu sein[6].

Das wird noch besser, wenn man fordert, Atheisten mögen die Nichtexistenz Gottes beweisen, dann aber, wenn man so einen Beweis vorlegt, sich die Finger in die Ohren steckt und laut singt »Lalalala, ich kann Dich nicht hören«. Das ist die Äquivalenz zu »Gott gehorcht der Logik nicht«. Es besagt nichts anderes als: »Gleichgültig, was Du auch sagst, ich werden Deine Beweise sowieso nicht anerkennen. Warum? Darum!«

Nachbemerkung

Das hübsche an diesem Beweis gegen Gott ist, dass es die Basis-Definition nimmt, die ein Monotheist schwerlich bestreiten kann. Hier funktioniert das übliche Spiel mit »mein Gott ist aber ganz anders« nicht.

Man könnte nun einwenden, dass aufgrund dieses Beweise keine Materie existieren kann, da es sie aber gibt, muss da etwas falsch sein. Eigentlich behaupte ich, dass Materie ewig existiert in dem Sinne, dass es keine Zeit gab, zu der keine Materie existierte. Die kann trotzdem ohne Ursache entstehen, nur nicht in einem Schöpfungsakt. Wenn sie entstanden ist, dann ohne Ursprung. Was wiederum nichts anderes bedeutet als dass auch kein Schöpfergott der Ursprung der Materie sein kann.

Eine ewig existierende Materie ist gleichbedeutend damit, dass es keinen Schöpfergott geben kann.

Es spielt für das Argument keine Rolle, ob man annimmt, dass die Zeit mit dem Universum entstanden ist, oder dass es ein Multiversum gibt oder nicht, oder dass es anfänglich nur Energie gab oder nicht, ob die Quanten-Schleifen-Gravitationsenergie korrekt ist oder falsch.

Anmerkungen:

[1]  Wie ich noch zeigen werde: »Gott schuf die Energie« wäre eine Formulierung mit gleicher Bedeutung, ebenso »Gott schuf das Universum/Multiversum« oder »Gott schuf die Energie, die Materie, die Zeit und den Raum«.

[2]  Das bedeutet: Dieser Beweis gilt nicht für heidnische Götter, die immanent sind, also Teil der Welt, und diese nicht erschaffen haben.

[3]  Diese Definition ergibt sich zwangsläufig aus der Definition, das Gott der Schöpfer der Materie ist. Denn ohne Materie gibt es auch keine Zeit, keinen Raum und keine Energie. Ob diese Definition sinnvoll ist, ist eine andere Frage – hier geht es nur um die Konsequenzen der Annahme, dass es einen Schöpfergott gibt. Es sind die Theisten, die implizit glauben, dass es ein so definiertes »Nichts« gibt, nicht ich. Den meisten sind diese Implikationen nur nicht bewusst, weil sie nie darüber nachgedacht haben.

4.  Ein zweiter logischer Widerspruch steckt darin, anzunehmen, dass es so etwas wie ein »absolutes Nichts« gab, aber genau das ist eine weitere Konsequenz aus der Annahme eines Schöpfergottes.

5.  Kant führte eine Beweis durch, nachdem Materie ewig existiert und einen, der zeigt, dass Materie nicht ewig existiert. Dieser scheinbare Widerspruch kommt zustande, weil Kant von einer falschen Physik ausging – er wusste noch nichts von der Relativitätstheorie.

6.  Was bedeutet, dass kein Christ berechtigt ist, zu glauben, dass Zeus nicht existiert. Das ist ein Schuss ins eigene Knie.

Mögliche Einwände gegen das Argument

Der Haupteinwand gegen das Argument besteht darin, es einfach zu ignorieren. Das ist das Standardverfahren: Es gibt keine Argumente gegen Gott, weil wir alle ignorieren werden! Was wir nicht sehen, existiert auch nicht!

Gerne wird auch gesagt, dass Gott »kein Ding dieser Welt ist«, man also keine »weltlichen« Maßstäbe an ihn anlegen kann. Was eine höfliche Umschreibung dafür ist: Wenn es uns nicht in den Kram passt, werfen wir die Logik über Bord.

Aber es ist ganz einfach: Wenn man als Universum die Gesamtheit aller Dinge bezeichnet, die existieren, dann ist Gott ein Teil des Universums. Alternative: Er existiert nicht. Wenn man zur »Welt« alles zählt, was existiert, dann bedeutet »gehört nicht zur Welt« dasselbe wie »existiert nicht«.

Gott hat den Geist nicht erschaffen

Anders, wenn man sagt, Gott sei »nicht materiell« oder immateriell. Das ist die einzige Methode, Gott zum Schöpfer der Materie zu machen, denn ansonsten hätte er sich selbst erschaffen. Das glaubt aber so gut wie niemand. Gott hat alles geschaffen – außer Geist. Geist kann er nicht erschaffen haben, sonst hätte er sich wiederum selbst geschaffen. Ob der menschliche Geist von Gott geschaffen wurde? Fraglich.

Zu den geistigen Dingen gehören übrigens auch alle Zahlen, ebenso die Gesetze der Logik. Wenn Gott die geschaffen hat, hat er den Geist, der logisch denkt, oder der zählen kann, ebenso erschaffen – also sich selbst, oder einen Teil von sich selbst.

Da Zahlen, und damit Logik, zeitlos-ewig existieren, können sie ohnehin keinen Schöpfer gehabt haben. Da man daraus die ganze Mathematik, die Basis der Naturgesetze, ableiten kann, folgt auch, dass Logik und Mathematik unabhängig von Gott existieren.

Gott konnte keine geistigen Regeln erschaffen, weil das voraussetzt, dass es geistige Regeln gab, nach denen er die geistigen Regeln hätte erschaffen können.

Gott hat auch die Regeln nicht erschaffen

Das wird noch absurder, wenn man sagt, »Gott hat alles geschaffen außer sich selbst«. Hat er die Zahl »eins« erschaffen? Nein? Dann gab es also eine Zeit, in der nicht nur ein Gott existierte?

Zu behaupten, er habe die Logik erschaffen, führt in noch mehr Probleme. Denn wie sieht eine Welt aus, in der keine Logik herrscht? Das ist das pure, reine, absolute Chaos[1]. Was bedeutet, wenn ein solches Chaos herrscht, kann alles geschehen – auch Universen aus dem Nichts entstehen. Vor allem, ohne Logik, spielt es keine Rolle, was Gott will – denn es geschieht, was immer auch geschieht, ohne Grenzen. Sobald man dem Geschehen Grenzen zieht, bejaht man, dass es Gesetze und Regeln gegeben hat.

In einem vollkommenen Chaos gab es keine Regeln, nach denen Gott die Regeln erschaffen konnte.

Gottes Denken musste nach Regeln verlaufen, damit er in der Lage war, denken zu können. Woher kamen diese Regeln? Er konnte sie sich nicht selbst ausgedacht haben, weil das wiederum die Existenz von Regeln voraussetzt. Wir stoßen so auch auf einen Selbstwiderspruch.

Die Natur Gottes

Die Dinge, die wir kennen, haben eine Natur, nach der sie sich verhalten. Die Summe aller Dinge, die existieren, nennen wir »Natur«. Nur was nicht existiert, gehört auch nicht dazu. Das gilt auch für Gott:

Wenn man Gott die Fähigkeit zuschreibt, ein Universum zu erschaffen, woher hat er diese dann? Er kann sie sich nicht selbst verliehen haben, denn dann kann man fragen, woher er die Fähigkeit hat, sich solche Fähigkeiten zu verleihen? Das führt in einen unendlichen Regress. Man kann also nur auf Gottes ominöse »Natur« verweisen. Etwas, was existiert, gehört zur Natur, deren Regeln festlegt, wie sich die Dinge verhalten können. Wenn Gott existiert, gibt es für ihn keine Ausnahme. Anders gesagt, die Natur, die Dingen wie Menschen, Computern, Materie etc. dazu veranlasst, sich zu »verhalten«, geht Gottes Existenz voraus.

Wenn man also sagt, Gott habe »alles« geschaffen, dann führt dies sofort zu einem Selbstwiderspruch. Ein Gott im Sinne dieser Definition kann unmöglich existieren!

Es kann auch kein Gott existieren, der die »Natur« erschaffen hat. Nach welchen Regeln konnte Gott die Regeln, nach denen er existiert, selbst erschaffen? Überhaupt nicht. Es gilt also »das Primat der Natur«. Oder: Ein Gott, der keiner Natur unterliegt oder keine hat, existiert nicht.

Gott, wenn es ihn geben könnte, würde also ebenso der »Logik (den Regeln) der natürlichen Dinge« unterliegen wie alles andere.

Was man noch behaupten könnte, wäre, dass Gott eben seine eigene Natur hat, seine eigenen Regeln, aber diejenigen bestimmt hat, unter der wir leben. Jetzt hat man, statt eine Erklärung für die Existenz dieser Welt zu haben, kurzerhand die Anzahl der Welten verdoppelt. Jetzt fehlen einem die Erklärung für zwei ganz verschiedene Welten!

Ohne Logik …

Ohne Logik ist alles möglich, dann kann man auch nicht behaupten »von Nichts kommt nichts«, weil man mit dieser Regel die Logik voraussetzt, die es noch nicht geben soll. Dann kann man auch nicht behaupten, die Entstehung der Welt setzt einen Gott voraus.

Ohne Logik verlässt man nicht nur den Diskurs der zivilen Welt, man verlässt die Sphäre des denkmöglichen.

Und das, was sich nicht denken lässt, kann man auch nicht glauben[2].

Erschuf Gott die Naturgesetze?

Oft wird die Definition »Gott ist der Schöpfer der Materie« noch erweitert: Gott soll auch die Naturgesetze erschaffen haben. »Erschaffung« ist ein Prozess, der Zeit voraussetzt, das gilt auch dann, wenn er die Gesetze der Natur, nach denen Zeit vergeht, geschaffen haben soll. Außerdem: Nehmen wir ein fundamentales Prinzip der Natur, den Energieerhaltungssatz (EE). Dieser besagt, dass in einem geschlossenen System die Summe aller Energien über einen längeren Zeitraum NULL beträgt. Wenn es einen Zeitpunkt gegeben haben soll (was wieder Zeit voraussetzt), zu dem dies nicht galt, ist das identisch mit der Aussage, dass Energie und Materie jederzeit aus dem Nichts entstehen können. Was bedeutet, ein Universum kann auf natürlichem Wege entstehen – kein Gott nötig. Das ist das Gegenteil von dem, was man behaupten möchte. Denn die Regel »von Nichts kommt nichts« setzt man voraus, falls diese Regel nicht galt, müssen zwangsläufig Universen entstehen.

Nun kann der EE kurzfristig verletzt werden, was eine der bizarren Eigenschaften der Quantenphysik ist. Das ist aber ebenfalls ein Basisprinzip der Natur, der Unschärferelation. Die Gesetze des Mikrokosmos sind zeitlos gültig und setzen weder Zeit noch Materie/Energie voraus. Was zeitlos existiert kann jedoch nicht erschaffen worden sein. Das ist das Argument, mit dem man behauptet, dass Gott selbst keinen Schöpfer braucht. Es gilt aber ebenso für die Naturgesetze, für Mathematik und Logik. Wenn auch Zeitloses einen Schöpfer braucht, benötigt Gott auch einen. Schon sind wir wieder dabei, die Prinzipien zu bestreiten, die man braucht, um einen Gott zu etablieren.

Existiert Gott subjektiv?

Eine subjektive Vorstellung kann nicht das Individuum und die Umgebung, in der es existiert, erzeugen. Dann hätte die Vorstellung sich selbst erzeugt.

Es ist vielen nicht bewusst, deswegen erzähle ich es hier: Die Annahme, es gibt einen Schöpfergott, impliziert, dass die Welt eine bewusstseinsunabhängige Realität ist. Man kann mit dazu inkompatiblen Ansichten nicht für Gott argumentieren, weil man dann die Basis verlassen hat, aufgrund der man diskutiert.

Gott als höherdimensionales Wesen

Kann Gott nicht auch in einer »höheren Dimension« existieren? Möglich, aber »höhere Dimensionen« setzen die mit der niedrigeren Ordnungszahl voraus. Damit es eine zweite Dimension geben kann, muss es eine erste geben. Damit es eine dritte geben kann, muss man die ersten beiden voraussetzen. Damit setzt man bei noch höheren Dimensionen die Raumzeit voraus, damit auch die Existenz der Materie.

Außerdem löst dies nicht das Kernproblem, dass Gott ohne Zeit keine Zeit hatte, um die Zeit zu erschaffen.

Änderung der Definition

Nun kann man versuchen, die Definition zu ändern. Wobei, aus der aufgeführten Äquivalenz ergibt sich, dass es sinnlos ist, »Gott erschuf die Energie« o. ä. zu definieren, weil dies dasselbe wie die ursprüngliche Definition aussagt.

Aber ohne die Schöpfung bewegt man sich in Richtung der Gottheiten des Heidentums! Dagegen habe ich nichts, dagegen werde ich auch nicht argumentieren. Es ergibt sich nämlich, dass wenn es Götter gibt, diese Teil der uns umgebenden Natur sind, ihr nicht vorausgehen, sie nicht geschaffen haben. Kurz, Götter sind immanent – oder selbstwidersprüchlich, d. h., sie existieren nicht.

       »Ich verstehe nicht, warum die Leute nicht begreifen, dass der Glaube an Gott keine Frage beantwortet. Du kannst nicht etwas niemals Bewiesenes nehmen und damit alles erklären, für das es bisher keine Erklärung gab. Das ist nicht hilfreich, sondern im Gegenteil, intellektuell schädlich.«

 

- CW Brown

Anmerkungen:

1.  Ich sage bewusst »absolutes Chaos«. Im Chaos, das wir kennen (z. B. Wetter) herrschen immer noch die Naturgesetze.

2.  Man kann glauben, dass es etwas gibt, was sich nicht denken lässt, nur kann man nichts darüber aussagen.

interessante Links zum Thema

Who Says You Can't Disprove God?

Hier werden ein paar weitere Argumente für die Nichtexistenz Gottes genannt:

Die Gottes-Antinomien

 

Literaturhinweise

Gastbeitrag von: Volker Dittmar

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Kommentare: 1
  • #1

    Köppnick (Montag, 09 Mai 2016 15:45)

    Was ich an Ihrem Text interessant fand, ist der Hinweis darauf, dass auch bestimmte Begriffe innerhalb eines naturwissenschaftlichen Weltbildes im Sinne einer Letztbegründung entweder zirkulär sind oder die Beweiskette an bestimmten Punkten abgebrochen werden muss und Voraussetzungen unbewiesen akzeptiert. Wenn Uhren und geometrische Maßstäbe materielle Objekte sind, dann ist klar, dass man die zeitlichen und räumlichen Grenzen des materiellen Universums nicht ausloten kann. Es ist deshalb logisch, dass man innerhalb des Universums keine Ursachen für dasselbe findet. Das gilt sowohl für naturalistische als auch für religiöse Weltbilder.

    Wenn seit Kant klar ist, dass Gottesbeweise nicht möglich sind und aufgrund des Selbstverständnisses der Naturwissenschaften der Gottesbegriff außerhalb liegt, dann fügt die zigste Wiederholung eines Beweises bzw. einer Widerlegung dem nichts Neues hinzu. Auch aufgeklärte Gläubige, wie z.B. Hans Küng, gestehen ein, dass man nichts beweisen kann. Küng *glaubt* an Gott, sonst würde er "wissen, dass", bzw. im Fall des Atheisten "wissen, dass nicht".

    Ich halte praktische Fragen für wichtiger: Wie aber hält man einen Gläubigen davon ab, sich inmitten einer Menschenmenge Anders- oder Ungläubiger in die Luft zu sprengen? Mit einem logischen Beweis, dass derjenige, in dessen Namen er sich gerade selbst entleibt, nicht existiert, gelingt das leider nicht. Eher erreicht man das Gegenteil.


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