„In einer Welt, die überflutet wird von belanglosen Informationen, ist Klarheit Macht.“ 

- Yuval Noah Harari

Weltklimarat

Die Abkürzung "IPCC" steht für Intergovernmental Panel on Climate Change (Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen). In deutschsprachigen Medien wird der IPCC zumeist als "Weltklimarat" bezeichnet.

 

Gegründet wurde der IPCC 1988 durch die Weltorganisation für Meteorologie (WMO - World Meteorological Organization) und das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP - United Nations Environment Programme). Die Ergebnisse der Arbeiten sind die Basis für die internationalen Klimaverhandlungen im Rahmen des United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC). Darin bekräftigen die Mitgliedsstaaten die Absicht, einen "gefährlichen Klimawandel" verhindern zu wollen.

1. Aufgaben

Die Hauptaufgaben des IPCC ist die Bereitstellung von Informationen

 

1.    über den anthropogenen (menschengemachten) Klimawandel,

2.    über die Risiken und Folgen des Klimawandels,

3.    über Anpassungsmöglichkeiten an den Klimawandel und Vermeidung eines gefährlichen Klimawandels.

 

Der IPCC betreibt selbst keine eigene Forschung, sondern trägt die Ergebnisse der aktuellen wissenschaftlichen, technischen und sozioökonomischen Literatur, die weltweit zu dem Thema publiziert wird, zusammen und wertet sie aus. Die Auswertungen erscheinen in Berichten ("IPCC Assessment Reports" - "Sachstandsberichte"), die den jeweils aktuellen Stand der Forschung zum Klimawandel umfassend darstellen sollen. Diese Berichte erscheinen etwa alle sechs Jahre. Bisher sind 1990, 1995, 2001 und 2007 vier dieser Sachstandsberichte erschienen. Der fünfte Bericht wird 2013 (1. Band) und 2014 veröffentlicht.

2. Organisation

Der IPCC besteht aus drei hochspezialisierten Arbeitsgruppen (Working Group I – III):

Die Arbeitsgruppe I (WG I) befasst sich mit naturwissenschaftlichen Aspekten des Klimasystems und des Klimawandels. Themen sind:

 

1.    Der Klimawandel der Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft

2.    Ursachen des Klimawandels

Die Arbeitsgruppe II (WG II) beschäftigt sich mit der Sensibilität der sozio-ökonomischen und natürlichen Systeme auf die Klimaänderung, mit den negativen und positiven Konsequenzen des Klimawandels sowie mit Anpassungsstrategien. Themen sind:

 

1.    Physikalische Veränderungen

2.    Biologische Veränderungen

3.    Ökonomische und soziale Veränderungen

4.    Folgen des Klimawandels in einzelnen Regionen

5.    Anpassung an den Klimawandel

Die Arbeitsgruppe III (WG III) befasst sich mit Strategien zur Minderung des Klimawandels. Themen sind:

 

1.    Trends der Treibhausgasemissionen bis 2100

2.    Kurzfristige und langfristige Maßnahmen gegen die Emission von Treibhausgasen

3.    Nachhaltige Entwicklung

Einmal jährlich kommt der IPCC zu Plenarsitzungen zusammen. Er akzeptiert und verabschiedet die IPCC-Berichte, entscheidet über die Aufgaben und Arbeitspläne der Arbeitsgruppen, über den Aufbau und die Art der Reports, über die IPCC-Statuten und über den Haushalt. Es wählt den Vorsitzenden und das Gremium.

3. Sachstandsberichte

Am jeweiligen IPCC-Bericht sind hunderte von Wissenschaftlern beteiligt, die offen, nachprüfbar und unter wirksamen Kontrollverfahren arbeiten. Daher genießen IPCC-Klimaberichte allgemein ein hohes Ansehen und ihre Aussagen gelten als Stand der Wissenschaft zum Klimawandel.

 

Zusätzlich zu den ausführlichen wissenschaftlichen Grundlagenberichten (einer pro Arbeitsgruppe), die jeweils um die 1000 Seiten umfassen, erscheint eine so genannteZusammenfassung für politische Entscheidungsträger ("Summary for Policymakers"). Sie soll vor allem Politikern als Entscheidungsgrundlage dienen. Die Formulierungen in dieser Zusammenfassung sind im Gegensatz zum Originalbericht nicht allein von Wissenschaftlern gewählt, sondern von politischen Vertretern der beteiligten Staaten mit beeinflusst. Die Summary for Policymakers ist daher Ausdruck eines politischen Konsenses. Dies kann im Einzelfall Entschärfungen des wissenschaftlichen Originalberichts mit sich bringen. Der Einfluss des Menschen auf das Klima wurde beispielsweise durch den Einspruch der chinesischen Regierung von "so gut wie sicher" ("virtually certain") zu "sehr wahrscheinlich" ("very likely") herabgestuft. Außerdem wird für die wesentlichen Ergebnisse aller drei Arbeitsgruppen einSynthesebericht angefertigt.

Aufbau der IPCC-Berichte 2007
Aufbau der IPCC-Berichte 2007

3.1. Der fünfte Sachstandsbericht

Für den 2013 und 2014 erscheinenden 5. Sachstandsbericht sind ca. 830 Autoren aus aller Welt benannt worden, darunter 36 Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus Deutschland.[1] Gegenüber dem vierten Sachstandsbericht werden in der Arbeitsgruppe I besonders regionale Klimaänderungen berücksichtigt. In der Arbeitsgruppe II werden Extremereignisse und Katastrophen stärker berücksichtigt. In der Arbeitsgruppe III sollen sozialen, ökonomischen und ethischen Aspekten des Klimawandels ein ganzes Kapitel gewidmet werden.[2]

 

Ergebnisse des fünften Sachstandsberichts sind u.a.:

  • Die globale Mitteltemperatur hat sich im Zeitraum von 1880 bis 2012 um 0,85°C erhöht.
  • Der globale mittlere Meeresspiegel ist im Zeitraum von 1901 bis 2010 um etwa 19 cm angestiegen.
  • Die Niederschläge stiegen wischen 1950 und 2008 in den Tropen und mittleren Breiten der Nordhalbkugel an; in den trockenen Regionen der Subtropen nahmen sie ab.
  • In Europa, Asien und Australien gab es mehr Hitzewellen. Stärkere Niederschläge sind in Nordamerika und Europa häufiger und intensiver geworden.

3.2. Der vierte Sachstandsbericht

Der vierte Sachstandsbericht (Fourth Assessment Report, AR4) erschien 2007. Dieser Bericht betont im Vergleich zu vorangegangenen Berichten noch stärker die Rolle des Menschen im Zusammenhang mit der nachgewiesenen globalen Erwärmung. Für seinen Einsatz zur Schaffung und Verbreitung von Wissen um den anthropogenen Klimawandel wurde der IPCC 2007 gemeinsam mit Al Gore mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

3.3. Der dritte Sachstandsbericht

Der dritte Sachstandsbericht (Third Assesment Report, TAR) erschien 2001.

3.4. Der zweite Sachstandsbericht

Zweiter Sachstandsbericht des IPCC/Second Assessment Report (SAR), 1995

3.5. Der erste Sachstandsbericht

Erster Sachstandsbericht des IPCC (FAR), 1990

4. Sonderberichte

Neben den Sachstandsberichten veröffentlicht der IPCC auch Sonderberichte zu bestimmten Themen wie etwa zum Flugverkehr und seinem Einfluss auf die Strahlung [3] oder zur Kohlenstoffabscheidung und Lagerung[4].

4.1. Special Report on Emissions Scenarios (SRES)

Von besonderer Bedeutung ist der Special Report on Emissions Scenarios (SRES)[5] (Sonderbericht über die Emissionsszenarien), der die Szenarien der Treibhausgasemissionen für das 21. Jahrhundert darstellt und dem 3. und 4. Sachstandsbericht zugrunde liegt. Für den 5. Sachstandsbericht werden neue Szenarien entwickelt.

4.2. Special Report Renewable Energy Sources (SRREN)

Sonderbericht über die Entwicklungspotenziale erneuerbarer Energieträger (09. Mai 2011):

5. Kritik am IPCC

Die Arbeit des IPCC wird von einer nicht kommerziell tätigen globalen Arbeitsgemeinschaft, d.h. ehrenamtlich tätigen Experten und Wissenschaftlern, geleistet. So entstehen Ergebnisse höchster Qualität und Unabhängigkeit. So genannte "Klimaskeptiker", welche den anthropogenen Einfluss auf das sich ändernde Klima bestreiten, sind bemüht, die Glaubwürdigkeit der Arbeitsgemeinschaft in Frage zu stellen.

 

Im November 2009 hatte ein Hacker-Angriff den E-Mail-Verkehr von Forschern der Universität von East Anglia (UEA), die wesentlich zum vierten Sachstandsbericht des IPCC beigetragen haben, teilweise öffentlich gemacht. Aus den E-Mails wurde eine Manipulation klimatischer Daten und Verschwörung von Klimaforschern herausgelesen, und der Vorfall wurde als "climategate" von den Medien aufgegriffen. Die UEA hat darauf hin eine unabhängige Untersuchung in Auftrag gegeben, die im Juli 2010 erschienen ist. Sie kommt zu dem Schluss, dass den Klimaforschern weder Datenmanipulation noch Verschwörung vorgeworfen werden kann, kritisieren aber die nicht hinreichende Offenheit im Umgang mit den Daten. Die IPCC-Berichte seien jedenfalls durch das Verhalten der Forscher der UEA nicht in ihrer Gültigkeit berührt.[6]

 

Ab Januar 2010 wurden dann Fehler im Sachstandsbericht der Arbeitsgruppe II des IPCC entdeckt und in zahlreichen Medienberichten öffentlich gemacht. Der IPCC beauftragte daraufhin eine Begutachtung durch die internationale Dachorganisation der Wissenschaftsakademien Inter Academy Council (IAC). Das Überprüfungskomitee besteht aus 12 renommierten Experten aus unterschiedlichen Ländern und Disziplinen und hat Ende August 2010 einen Bericht über die Arbeitsweise des IPCC abgeliefert.[7] Darin werden weniger einzelne Fehler der IPCC-Berichte untersucht, als die Regeln und Verfahren des IPCC kritisch beleuchtet und Verbesserungsvorschläge gemacht. Das IAC hebt die hohe Qualität der Arbeit des IPCC hervor, fordert aber zugleich Verbesserungen im Gutachterprozess, bei der Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit und bei der Organisation.

 

Einen Bericht über Mängel in den regionalen Kapiteln der Arbeitsgruppe II hat die Netherlands Environmental Assessment Agency (PBL) im Auftrag des Niederländischen Umweltministeriums fertiggestellt.[8] Der PBL-Bericht untersucht schwerpunktmäßig die wichtigsten Ergebnisse in der Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger zu den regionalen Auswirkungen der globalen Erwärmung. Er kommt zu dem Schluss, dass die 32 zentralen Feststellungen des IPCC durch die in dem umfangreichen Grundlagenbericht enthaltenen Fehler ihre Gültigkeit nicht verlieren. Insgesamt hat der PBL-Bericht in den regionalen Kapiteln des 4. Sachstandsberichts der Arbeitsgruppe II drei wirkliche Fehler festgestellt:

1.    die Himalaya-Gletscher würden bis zum Jahr 2035 bis zu 80 % abschmelzen (richtig ist entsprechend den Quellen wahrscheinlich das Jahr 2350),

2.    von der Fläche der Niederlande würden 55 % unter dem Meeresspiegel liegen (richtig sind 26 %; 29 % sind durch Überflutungen von Flüssen bedroht, was zusammen 55 % ergibt),

3.    an der afrikanischen Westküste würde die Anchovis-Fischerei um 50-60 % abnehmen (in der Quelle, auf die sich der IPCC beruft, ist von 50-60 % Abnahme bei Starkwinden und Strömungsturbulenzen im Meer mit Auswirkungen auf die Anchovis-Fischerei die Rede).

Von weitreichender Relevanz ist lediglich der Himalaya-Fehler, da von der Wasserversorgung durch die Gletscher mehrere hundert Millionen Menschen abhängig sind. Außerdem wird in diesem Fall eine fragwürdige Recherchemethode des IPCC sichtbar, die auch der Inter Academy Council deutlich bemängelt. Eine ausführliche Darstellung dieses Fehlers und seiner Herkunft findet sich unter Gletscher Asien. Weder die falsche Aussage über die Himalaya-Gletscher noch die übrigen Fehler und Ungenauigkeiten ändern jedoch nach Feststellung der Netherlands Environmental Assessment Agency etwas an der Gültigkeit der Grundaussagen des IPCC zu den regionalen Folgen des Klimawandels. Sie sind außerdem nicht in die Zusammenfassungen für politische Entscheidungsträger eingegangen.

6. Einzelnachweise

1.    Die Autorenlisten der einzelnen Arbeitsgruppen sind hier abrufbar

2.    Bundesumweltministerium: IPCC

3.    Aviation and the Global Atmosphere, 1999

4.    Carbon Dioxide Capture and Storage, 2005

5.    Special Report on Emissions Scenarios, 2000

6.    Vgl. den Artikel des Deutschen Klimakonsortiums Bericht "The Independent Climate Change Email Review" im Juli 2010 veröffentlicht; hier auch der Link zum Originalbericht

7.    Inter Academy Council Climate Change Assessments, Review of the Processes & Procedures of the IPCC

8.    PBL Assessing an IPCC assessment

Gastbeitrag aus: Klimawiki

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