„In einer Welt, die überflutet wird von belanglosen Informationen, ist Klarheit Macht.“ 

- Yuval Noah Harari

Lew Tolstoi. Anna Karenina (Zitatesammlung)

Leben anderer Leute, S. 151:
„Anna Arkadjewna las und verstand, aber es machte ihr kein Vergnügen, zu lesen und das Leben anderer Leute wie in einem Spiegel vor sich zu sehen. Sie wollte selbst nur zu sehr leben. Sie las, wie die Heldin des Romans einen Kranken pflegte, und sie wünschte, selbst mit unhörbaren Schritten durch das Zimmer des Kranken zu gehen; ein Parlamentsmitglied hielt eine Rede, und sie wollte selbst die Rede halten; Lady Mary galoppierte hoch zu Ross hinter der Meute her, neckte ihre Schwägerin und versetzte alle Teilnehmer der Jagd durch ihre Kühnheit in Erstaunen, und sie hätte das gern selber getan. Aber sie konnte nichts tun, und sie zwang sich zum Lesen und drehte das Papiermesser in ihren kleinen Händen.

Verzweiflung oder höchstes Glück, S. 209f.:
„<Wissen Sie denn nicht, dass Sie für mich das ganze Leben bedeuten? Aber Ruhe kenne ich nicht und kann auch Ihnen keine Ruhe geben. Mein ganzes Ich, meine Liebe – ja, Ich kann mir Sie und mich nicht mehr getrennt denken. Sie und ich sind für mich eins. Und ich sehe in der Zukunft keine Möglichkeit eines ruhigen Lebens, weder für mich noch für Sie. Ich sehe die Möglichkeit der Verzweiflung, des Unglücks … Oder Glücks, und was für ein Glück! … Ist es denn nicht möglich?< fügte er hinzu, aber sie hörte es.
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Sie strengte alle Kräfte ihres Geistes an, um das zu sagen, was sie sagen musste; aber statt dessen sah sie ihn nur mit lieberfüllten Blick an und antwortete nichts.
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>Das ist es!< dachte er voll Jubel. >Als ich schon verzweifelte und alles aussichtslos schien – da kam es auf einmal! Sie liebt mich. Sie gesteht es mir!<
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>Tun Sie es mir zuliebe: sprechen Sie nie wieder solche Worte zu mir, und wir werden gute Freunde sein> sprach ihr Mund, aber ihre Augen sagten etwas ganz anderes.
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>Freunde können wir nicht sein, das wissen Sie selbst. Aber ob wir die glücklichsten oder die unglücklichsten aller Menschen sein werden, das steht in Ihrer Macht.> Sie wollte etwas sagen, aber er ließ sie nicht zu Worte kommen.
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>Ich bitte nur um eines: ich bitte nur um das Recht, weiter zu hoffen und zu leiden wie jetzt; wenn aber auch das unmöglich ist, befehlen Sie mir zu verschwinden, und ich werde verschwinden. Sie sollen mich nicht mehr sehen, wenn meine Gegenwart Sie bedrückt.<
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>Ich will Sie nicht vertreiben.<
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>Ändern Sie nichts. Lassen Sie alles so, wie es ist<.“

Durch Worte banal machen, S. 224:
„Sie fühlte, dass sie in diesem Augenblick nicht imstande war, dieses Gefühl von Scham, Freude und Entsetzen vor dem Eintritt in ein neues Leben in Worte ausdrücken, und darum wollte sie nicht davor sprechen, es nicht durch ungenaue Worte banal machen. Aber auch später, am zweiten und am dritten Tag, fand sie keine Worte, um diese komplizierten Gefühle auszudrücken, sie fand auch keine Gedanken, was in ihr vorging.“

Kitty und Warenka, S. 318ff.:

„Kitty lernte das alles nicht aus Worten. Frau Stahl sprach mit ihr wie mit einem lieben Kind, auf das man mit Freude blickte wie auf eine Erinnerung an die eigene Jugend [...].“

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„[...] jener Gipfel an Vollkommenheit, von dem Kitty kaum zu träumen wagte. An Warenskas Beispiel hatte sie eingesehen, dass man nur sich selbst zu vergessen und die anderen zu lieben brauchte, um ruhig glücklich und gut zu sein. Und so wollte Kitty sein. Nachdem sie erkannt hatte, was das Wichtigste war, begnügte sie sich nicht mehr damit, begeistert dafür zu schwärmen, sondern gab sich sofort aus ganzer Seele dem neuen Leben hin, das sich vor ihr aufgetan hatte.“

Verhältnis zum Volk, S. 356:
„Sein Verhältnis zum Volk war dasselbe wie zu den Menschen im allgemeinen: er liebte es und liebte es gleichzeitig nicht. Da er ein guter Mensch war, liebte er die Menschen natürlich mehr, als dass er sie nicht liebte, und das galt auch für seine Beziehungen zum Volk. Aber das Volk als etwas Besonderes zu lieben oder nicht zu lieben, dazu war er nicht imstande.“

Mangel an Herzen, S. 357f.:
„Konstantin Lewin hielt seinen Bruder für einen Mann von hervorragendem Verstand und großer Bildung, für vornehm im höchsten Sinne dieses Wortes und mit der Fähigkeit begabt, für das allgemeine Wohl zu wirken. Aber je älter er wurde und je besser er seinen Bruder kennenlernte, desto öfter kam ihm der Gedanke, dass diese Fähigkeit, für das allgemeine Wohl zu wirken, die ihm selbst völlig abging, vielleicht gar kein Vorzug, sondern ein Mangel sei, nicht ein Mangel an guten, ehrlichen, edlen Wünschen und Bestrebungen, sondern ein Mangel an Lebenskraft, an dem, was man Herz nennt, an dem Streben, das den Menschen veranlasst, aus den unzähligen, sich ihm bietenden Lebenswegen einen einzigen zu wählen und diesen Weg zu verfolgen. Je mehr er seinen Bruder kennenlernte, desto deutlicher sah er, dass Sergej Iwanowitsch wie viele andere Männer, die für das allgemeine Wohl wirkten, nicht von seinem Herzen dazu getrieben wurden, sondern rein verstandesmäßig zu der Überzeugung gelangt war, dass es gut sei, sich damit zu beschäftigen, und sich nur deshalb damit beschäftigte. In dieser Vermutung wurde Lewin noch durch die Beobachtung bestärkt, dass seinem Bruder die Fragen des allgemeinen Wohls und der Unsterblichkeit der Seele nicht tiefer zu Herzen gingen als ein Schachproblem oder die sinnreiche Konstruktion einer neuen Maschine.“

Stolz, S. 404:
„Ach, dieser Stolz, immer wieder dieser Stolz!, sagte Darja Alexandrowna in einem Ton, als verachte sie ihn wegen dieses niedrigen Gefühls - niedrig im Vergleich zu jenem anderen Gefühl, das nur Frauen kennen.“

Objekt der Furcht, S. 431:
„Der Gedanke, in ihrer Lage Hilfe bei der Religion zu suchen, war ihr, obwohl ihr nie Zweifel an der Religion gekommen waren, in der man sie erzogen hatte, ebenso fremd wie der Gedanke, bei Alexej Alexandrowitsch Hilfe zu suchen. Sie wusste im Voraus, dass die Religion ihr nur helfen konnte, wenn sie auf das verzichtete, was für sie den Sinn ihres ganzen Lebens bedeutete. Sie hatte ein Gefühl, als spalte sich alles in ihrer Seele, so wie ermüdete Augen die Dinge manchmal doppelt sehen. Es gab Augenblicke, in denen sie wusste, was sie fürchtete und was sie wünschte. Fürchtete und wünschte sie das, was jetzt war, oder das, was kommen würde? Und was wünschte sie eigentlich? Sie wusste es nicht.“

Heimlichtun, S. 443:

„Dieses Spiel mit Worten, dieses Heimlichtun, hatte für alle Frauen, so auch für Anna einen großen Reiz. Und das Reizvolle daran war nicht die Notwendigkeit, etwas zu verbergen, und auch nicht der Zweck, zu dem es geschah, sondern das Heimlichtun selbst.“

Anna bekommt den Brief von Alexej, S. 436 – 439:
„Sie hatte am Morgen bereut, dass sie ihrem Mann alles gesagt hatte und gewünscht, dass ihre Worte ungesagt geblieben wären. Und nun erklärte dieser Brief ihre Worte für ungesagt und gewährte ihr das, was sie gewünscht hatte. Aber jetzt erschien ihr dieser Brief als das Schrecklichste, was sie sich denken konnte.
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"Er hat recht, er hat recht!" sagte sie. "Selbstverständlich hat er immer recht, er ist ein Christ, er ist großmütig! Was für ein niedrigdenkender, widerlicher Mensch! Und das durchschaut niemand außer mir, und niemand außer mir wird es je durchschauen, und ich kann es niemand klarmachen. Alle sagen: Ein religiöser, moralischer, ehrenhafter, kluger Mann. Aber sie sehen nicht, was ich gesehen habe. Sie wissen nicht, dass er acht Jahre lang mein Leben erstickt hat, alles erstickt, was in mir lebendig war, dass er kein einziges Mal daran gedacht hat, dass ich eine lebendige Frau bin, die Liebe braucht.
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Sie wissen nicht, wie er mich auf Schritt und Tritt gekränkt hat und dabei mir sich selbst höchst zufrieden gewesen ist. Habe ich mich nicht bemüht, aus allen Kräften bemüht, eine Rechtfertigung meines Lebens zu finden? Habe ich nicht versucht, ihn zu lieben, und meinen Sohn zu lieben, als ich meinen Mann nicht lieben konnte? Aber dann kam die Zeit, wo ich einsah, dass ich mich nicht mehr betrügen kann, dass ich ein lebendes Geschöpf bin, dass ich nicht schuld bin, wenn Gott mich so geschaffen hat, dass ich lieben und leben muss. Und was nun? Wenn er mich tötete, wenn er ihn tötete – ich würde alles ertragen, alles verzeihen, aber nein! Er…
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Dass ich nicht erraten habe, was er tun würde! Er wird das tun, was seinem niedrigen Charakter entspricht. Er behält recht, und mich, die Verlorene, stößt er noch tiefer ins Verderben… "[…] Sie werden sich selbst denken können, was Sie und Ihren Sohn erwartet." Sie musste wieder an diese Worte seines Briefes denken. "Das ist eine Drohung, mir den Jungen wegzunehmen, und nach ihrem dummen Gesetz ist das wahrscheinlich möglich. Aber weiß ich denn nicht, warum er das sagt? Er glaubt auch nicht an meine Liebe zu meinem Sohn, oder er verachtet mein Gefühl, er hat ja immer darüber gespottet. Aber er weiß, dass ich meinen Jungen nicht im Stich lasse, dass es ohne meinen Sohn kein Leben für mich gibt, auch nicht mit dem Mann, den ich liebe, dass ich, wenn ich meinen Sohn verließe und meinem Mann wegliefe, wie ein ganz schändliches, gemeines Weib handeln würde. Das weiß er, und er weiß auch, dass ich niemals dazu imstande wäre.
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Ein anderer Satz aus dem Brief fiel ihr ein: "Unser Leben muss weitergehen wie bisher." - "Ja, dieses Leben war schon vorher eine Qual, in der letzten Zeit war es entsetzlich. Was wird jetzt sein? Er weiß das alles, er weiß, dass ich nicht bereuen kann, dass ich atmen, dass ich lieben muss; er weiß, dass außer Lüge und Betrug nichts dabei herauskommen kann, aber er möchte mich weiter quälen. Ich kenne ihn, ich weiß, dass er wie der Fisch im Wasser in der Lüge schwimmt und sich dabei wohl fühlt. Aber nein, ich will ihm diesen Genuss nicht verschaffen, ich zerreiße das Lügennetz, in das er mich verstricken will. Komme, was kommen mag. Alles ist besser als Lüge und Betrug.
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Aber wie soll ich das machen? Mein Gott! Mein Gott! War jemals eine Frau so unglücklich wie ich?"
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"Nein, ich zerreiße es, ich zerreiße es!" schrie sie und sprang auf. Ihre Tränen zurückdrängend, ging sie zum Schreibtisch, um einen anderen Brief an ihn zu schreiben. Aber im tiefsten Herzen fühlte sie schon, dass sie nicht die Kraft haben werde, aus der bisherigen Lage herauszukommen, so verlogen und schmachvoll sie auch sein mochte.
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Sie setzte sich an den Schreibtisch, aber statt zu schreiben , verschränkte sie die Arme auf dem Tisch, legte den Kopf darauf und weinte, schluchzend und mit zuckender Brust, wie Kinder weinen. Sie weinte darüber, dass der Traum von einer Klärung, einer Neuordnung ihrer Lage für immer zerstört war. Sie wusste genau, dass alles beim alten bleiben und noch weiter schlimmer sein werde als bisher. Sie fühlte, dass ihre Stellung in der Gesellschaft, die ihr noch an diesem Morgen so nichtig und wertlos erschienen war, doch einen Wert für sie besaß, und dass sie es nicht über sich gewinnen werde, sie mit der schmählichen Lage einer Frau zu vertauschen, die ihren Mann und ihren Sohn verlassen und sich mit ihrem Liebhaber vereinigt hat, und dass sie, mochte sie sich noch so sehr anstrengen, niemals stärker sein werde, als sie nun einmal war. Niemals würde sie frei und offen lieben können, sie würde immer die verbrecherische Gattin bleiben, die, jeden Augenblick in Gefahr, entlarvt zu werden, ihren Mann betrog, um ein schmähliches Verhältnismit einem fremden, durch nichts gebundenen Mann zu haben, mit dem sie niemals ein gemeinsames Leben führen konnte.
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Sie wusste, dass es so kommen werde, und dass war ihr so entsetzliche, dass sie sich gar nicht vorstellen konnte, wie das enden würde. Und sie weinte, ohne sich zu beherrschen zu können, wie bestrafte Kinder weinen.“

Lewin und Stiwa über die Güte des Lebens:
„Nun ja, ich denke auch beständig an den Tod", sagte Lewin. "Wirklich, es ist Zeit zum Sterben. Und alles andere ist Unsinn. Ich will dir die Wahrheit sagen: Ich lege auf meine Ideen auf meine Arbeit großen Wert – überleg doch mal – ist unsere ganze Welt nichts weiter als ein dünner Schimmelbelag auf einem winzigen Planeten. Und da bilden wir uns ein, es könnte bei uns etwas Großes geben – Gedanken, Taten! Das alles sind nur Sandkörnchen."
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„Diese Erkenntnis ist so alt wie die Welt, mein Lieber!“
„Gewiss, aber wenn man das klar begriffen hat, dann kommt einem alles klein und nichtig vor. Wenn man einsieht, dass man heut oder morgen sterben muss und nichts von einem bleibt, dann erscheint einem alles klein und nichtig! Ich halte meine Idee ja für etwas sehr Wichtiges, aber es stellt sich dann doch heraus, dass sie , selbst wenn ich sie durchführen könnte, so nichtig und unbedeutend ist, wie diese Bärin zu erlegen. Und so verbringt man das Leben, indem man sich durch Jagd und Arbeit zerstreut, um nur nicht an den Tod denken zu müssen.“
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„Nun, selbstverständlich! Und darum bist du zu mir gekommen. Weißt du noch, wie du über mich hergefallen bist, weil ich im Leben nur Genüsse suche? Sei nicht so streng, du Moralist!“
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„Nein, trotz allem ist das Leben schön…“ Lewin stockte.
„Aber ich weiß nichts davon. Ich weiß nur, dass wir bald sterben müssen.“
„Warum denn bald?“
„Und weißt du, das Leben hat zwar weniger Reiz, wenn man an den Tod denkt, aber es ist ruhiger.“
„Im Gegenteil, zu guter Letzt wird es immer lustiger.“

Der Tod, S. 521:

„Ich arbeite, ich will etwas tun, und ich habe vergessen, dass alles ein Ende nimmt, dass es einen Tod gibt.

[...]

"<Aber noch lebe ich. Was muss ich jetzt tun, was?> fragte er sich verzweifelt. Er zündete eine Kerze an, stand leise auf, ging zum Spiegel und betrachtete sein Gesicht und seine Haare. Ja, an den Schläfen waren schon graue Haare. Er machte den Mund auf. Die Backenzähne begannen schlecht zu werden. Er entblößte seine muskulösen Arme. Ja, er besaß viel Kraft. Aber auch Nikolaj, der dort mit kläglichen Resten seiner Lunge atmete, hatte einmal einen gesunden Körper gehabt. Und plötzlich fiel ihm ein, wie sie als Kinder zusammen schlafen gegangen waren und nur darauf gewartet hatten, dass Fedor Bogdanytsch hinausging, um sich mit den Kopfkissen zu werfen und zu lachen, so unbändig zu lachen, dass selbst die Furcht vor Fedor Bogdanytsch diese überströmende, überschäumende Lebensfreude nicht hatte hemmen können. <Und jetzt diese eingefallene Brust ... und ich, der ich nicht weiß, wozu ich da bin, und was mit mir sein wird.>“

Liebe und Glück, S. 536f.:

„Diese Eifersuchtsanfälle, die sich in der letzten Zeit immer häufiger wiederholten, entsetzten ihn und - mochte er sich noch so sehr bemühen, das zu verbergen - kühlten seine Gefühle für Anna ab, obwohl er wusste, dass die Ursache der Eifersucht nur die Liebe zu ihm war. Wie oft hatte er sich gesagt, dass ihre Liebe ein Glück sei; und nun liebte sie ihn, wie nur eine Frau lieben kann, der die Liebe mehr bedeutet als alle Güter des Lebens - und doch war er bei weitem nicht mehr so glücklich wie damals, als er ihr von Moskau nachgereist war. Damals hielt er sich für unglücklich, aber das Glück stand ihm noch bevor; jetzt fühlte er, dass das schönste Glück schon hinter ihm lag. Sie war ganz anders, als er sie in der ersten Zeit gesehen hatte. Seelisch und körperlich hatte sie sich zu ihrem Nachteil verändert. Sie war sehr breit geworden, uns als sie von der Schauspielerin sprach, wurde ihr Gesicht von einem bösen Zug entstellt. Er sah sie an, wie ein Mensch eine Welke Blume betrachtet, die er abgerissen hat und in der er nur mit Mühe die Schönheit wiedererkennt, um derentwillen er sie abriss und vernichtete. Und trotzdem fühlte er, dass damals, als seine Liebe noch stärker war, er diese Liebe dennoch aus seinem Herzen hätte reißen können, wenn er es ernstlich gewollt hätte; jetzt aber, wo es ihm, wie in diesem Augenblick, schien, dass er keine Liebe zu ihr empfinde, wusste er, dass das Band, das ihn an sie fesselte, nicht zerrissen werden konnte.“

Lewin trifft wieder auf Kitty:

„<Auf Ihrer Heimreise nach Jerguschowo>, sagte Lewin und fühlte, dass der Strom des Glücks, der seine Seele überflutete, ihn zu ersticken drohte. <Wie durfte ich es wagen>, dachte er, <den Gedanken an irgendeine Schuld mit diesem rührenden Geschöpf zu verknüpfen! Ja, ich glaube, Darja Alexandrowna hat wirklich die Wahrheit gesagt.>“

Tagebuch, S. 608 - 609:

„Kraft ihrer Liebe kannte sie seine ganze Seele, und in seiner Seele sah sie, was sie sehen wollte; dass aber ein solcher Seelenzustand Unglaube genannt wird, war ihr vollkommen gleichgültig. Doch über das andere Geständnis weinte sie bittere Tränen.

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Lewin hatte ihr sein Tagebuch nicht ohne inneren Kampf übergeben. Er wusste, dass es zwischen ihm und ihr keine Geheimnisse geben konnte und durfte, und darum hatte er es getan, aber er hatte sich nicht klargemacht, wie das wirken könne, und hatte sich nicht in ihre Seele hineinversetzt. Erst als er an dem betreffenden Abend vor dem Theater zu Schtscherbatzkihs kam, in Kittys Zimmer trat und ihr verweintes, trauriges, liebes Gesicht erblickte, dass ganz unglücklich aussah vor tiefem, nicht wiedergutzumachendem Kummer, den er verschuldet hatte, begriff er, welch große Kluft seine schmähliche Vergangenheit von ihrer Taubenreinheit trennte, und erschrak über das, was er getan hatte.

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"Nehmen Sie diese entsetzlichen Bücher fort, nehmen Sie sie fort!" rief sie und stieß die Hefte; die vor ihr auf dem Tisch lagen, von sich. "Warum haben Sie mir das gegeben?... Nein, es war doch besser so", fügte sie voller Mitleid über sein verzweifeltes Gesicht hinzu. "Aber es ist entsetzlich; ganz entsetzlich."

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Er senkte den Kopf und schwieg. Er konnte nichts sagen. "Sie können mir nicht verzeihen", flüsterte er.

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"Nein, ich habe Ihnen schon verziehen, aber es ist entsetzlich!"

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Aber sein Glück war so groß, dass auch dieses Geständnis es nicht zerstören konnte, sondern ihm nur noch eine neue Nuance verlieh. Sie hatte ihm verziehen; aber von nun an glaubte er noch weniger, ihr würdig zu sein, beugte sich moralisch noch tiefer vor ihr und schätzte sein unverdientes Glück noch höher ein.“

Verzeihung, S. 616 - 618:
„Alexej Alexandrowitsch seelische Verwirrung wurde immer größer und hatte jetzt einen solchen Grad erreicht, dass er nicht mehr dagegen ankämpfte; aber plötzlich fühlte er, dass das, was er für seelische Verwirrung gehalten hatte, im Gegenteil ein seliger Zustand war, der ihm ein neues, nie gekanntes Glück schenkte. Er dachte nicht daran, dass das christliche Gebot, das er sein ganzes Leben lang befolgen wollte, ihm vorschrieb zu verzeihen und seine Feinde zu lieben; aber das freudige Gefühl der Liebe und Vergebung, für seine Feinde erfüllt seine Seele. Er fiel auf die Knie, legte seinen Kopf auf ihr Handgelenk, das ihn durch die Nachtjacke hindurch wie Feuer brannte, und schluchzte wie ein kleines Kind. Sie umfasste seinen kahlen Kopf, rückte näher an ihn heran und blickte mit herausfordernderen Stolz nach oben.
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„Da ist er, ich habe es gewusst! Jetzt lebt alle wohl, lebt wohl! … Da sind sie wiedergekommen, warum gehen sie nicht fort? .... Nehmt doch diese Pelze von mir weg!" Der Arzt löste ihre Hände vom Kopf ihres Mannes, drückte die Kranke behutsam auf das Kissen zurück und deckte sie bis an die Schultern zu. Sie legte sie gehorsam hin und schaute mit strahlendem Blick vor sich hin.
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"Vergiss nur das eine nicht, dass ich nur deine Verzeihung will und sonst nichts… Warum kommt er denn nicht?" sagte sie mit einem Blick zur Tür. Wronskij kam herein. "Komm her, komm her! Gib ihm die Hand!"
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Wronskij trat an das Bett, und als er sie erblickte, legte er wieder die Hände vors Gesicht.
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"Nimm die Hände vom Gesicht, sieh ihn an! Er ist ein Heiliger!" sagte sie. "Nimm die Hände vom Gesicht!" rief sie zornig. "Alexej Alexandrowitsch, nimm ihm die Hände vom Gesicht! Ich will ihn sehen!"
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Alexej Alexandrowitsch fasste Wronskijs Hände und zog sie ihm vom Gesicht weg, das vor Scham und Schmerz furchtbar entstellt war.
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"Gib ihm die Hand! Verzeih ihm!"
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Alexej Alexandrowitsch reichte ihm die Hand, ohne die Tränen zurückzuhalten, die ihm aus den Augen strömten.
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"Gott sei Dank, Gott sei Dank" sagte sie, "jetzt ist alles in Ordnung. Jetzt möchte ich nur die Beine ausstrecken. So, ja so ist es schön. Wie geschmacklos diese Blumen sind, sie sehen gar nicht wie Veilchen aus", sagte sie, auf die Tapete zeigend. "Mein Gott, mein Gott, wann wird das denn enden! Gebt mir doch Morphium! Doktor, geben Sie mir Morphium! O mein Gott, mein Gott!"
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Und sie warf sich im Bett hin und her.
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Der Hausarzt und die anderen Ärzte sagten, es sei Kindbettfieber, das in neunundneunzig von hundert Fällen tödlich ausgehe. Das Fieber hielt den ganzen Tag an, bald phantasierte sie, bald war sie ohne Bewusstsein. Gegen Mitternacht lag die Kranke bewusstlos da, und der Puls hatte fast ganz aufgehört.
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Man erwartete jeden Augenblick das Ende.
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Wronskij war nach Hause gefahren, kam aber am Morgen wieder, um nachzufragen, und Alexej Alexandrowitsch, der ihm im Vorzimmer entgegenkam, sagte:
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"Bleiben Sie da, sie wird vielleicht nach Ihnen fragen", und führte ihn ins Wohnzimmer seiner Frau.
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Am Morgen war sie wieder erregt und lebhaft, ihre Gedanken und Reden waren wirr, und dieser Zustand endete wieder mit Bewusstlosigkeit. Am dritten Tag wiederholte sich das gleiche, und die Ärzte sagten, jetzt sei etwas Hoffnung vorhanden. An diesem Tag trag Alexej Alexandrowitsch in Annas Wohnzimmer, wo Wronskij saß, machte die Tür zu und setzte sich im gegenüber.
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"Alexej Alexandrowitsch", sagte Wronskij, der fühlte, dass jetzt die Aussprache bevorstand, "ich kann nicht reden, ich kann nicht denken. Erbarmen Sie sich meiner! Wie schwer ihnen auch ums Herz sein mag, glauben Sie mir, meine Lage ist noch entsetzlicher."
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Er wollte aufstehen. Aber Alexej Alexandrowitsch fasste seine Hand und sagte:
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"Ich bitte Sie, mich anzuhören, es ist unbedingt notwendig. Ich muss ihnen meine Gefühle erklären, die Gefühle, von denen ich mich habe leiten lassen und auch weiterhin leiden lassen will, damit Sie sich in mir nicht irren. Sie wissen, dass ich mich zur Scheidung entschlossen und diese Angelegenheit sogar schon in die Wege geleitet hatte. Ich will Ihnen nicht verhehlen, dass ich anfangs unschlüssig war und sehr litt. Ich gestehe, dass der Wunsch, mich an Ihnen und ihr zu rächen, mich unablässig verfolgte. Als ich das Telegramm erhielt, fuhr ich mit denselben Gefühlen hierher, mehr noch – ich wünschte ihren Tod. Aber…" er schwieg einen Augenblick und überlegte, ob er ihm sagen sollte, was er empfang, oder nicht, "aber als ich sie wiedersah, habe ich ihr verziehen. Und das Glück des Verzeihens hat mir gezeigt, was meine Pflicht ist. Ich habe ihr ganz verziehen. Ich will auch die andere Backe hinhalten, ich will auch den Rock hingeben, wenn man mir den Mantel nimmt. Ich bitte Gott nur um das eine, dass er mir die Seligkeit des Verzeihens nicht nehme!"
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Tränen standen in seinen Augen, und ihr heller, ruhiger Glick überraschte Wronskij.
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"Das ist meine Lage. Sie können mich in den Schmutz treten und mich zum Gespött der Welt machen, ich verlasse sie nicht und sage Ihnen nie ein Wort des Vorwurfs", fuhr Alexej Alexandrowitsch fort. "Meine Pflicht ist mir klar vorgezeichnet: ich muss bei ihr bleiben und werde bei ihr bleiben. Wenn sie Sie sehen möchte, lasse ich Sie es wissen; jetzt aber ist es wohl am besten, wenn Sie gehen."
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Er stand auf und konnte vor Schluchzen nicht weitersprechen. Wronskij erhob sie ebenfalls und sah ihn, ohne sich aufzurichten, von unten herauf an. Er verstand Alexej Alexandrowitschs Gefühle nicht. Aber er fühlte, dass in dieser Weltanschauung etwas Erhabenes und ihm sogar Unfassbares war."
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Nach dem Gespräch mit Alexej Alexandrowitsch verließ Wronskij das Kareninsche Haus und blieb vor dem Portal stehen, sich mit Mühe besinnend, wo er war und wohin er nun gehen oder fahren sollte. Er fühlte sich beschämt, gedemütigt, schuldig und der Möglichkeit beraubt, die Demütigung von sich abzuwaschen. Er fühlte sich aus der Bahn geworfen, in der er sich bisher so stolz und leicht bewegt hatte. Alle Gewohnheiten und Grundsätze seines Lebens, die er für so unerschütterlich gehalten hatte, erwiesen sich nun als falsch und unbrauchbar. Der betrogene Gatte, den er sich bisher als ein jämmerliches Geschöpf, als ein zufälliges und etwas komisches Hindernis seines Glücks vorgestellt hatte, war plötzlich von ihr selbst herbeigerufen und auf eine ehrfurchtgebietende Höhe schien der Gatte nicht boshaft, nicht hinterlistig, nicht lächerlich, sondern gütig, schlicht und erhaben. Dieser Erkenntnis konnte sich Wronskij nicht verschließen. Die Rollen waren plötzlich vertauscht. Wronskij fühlte, wie hoch sein Gegner stand und wie tief er selbst erniedrigt war, und dass der andere recht und er unrecht hatte. Er fühlte, dass der Gatte auch in seinem Schmerz großmütig war und dass er selbst in seinem Betrug niedrig und erbärmlich war. Aber das Bewusstsein seiner Niedrigkeit gegenüber dem Mann, den er zu Unrecht verachtet hatte, machte nur einen kleinen Teil seines Kummers aus. Er fühlte sich jetzt unsagbar unglücklich, weil seine Leidenschaft für Anna, die seiner Empfindung nach in der letzten Zeit etwas abgekühlt war, jetzt, wo er wusste, dass er sie für immer verloren hatte, stärker geworden war als je zuvor. Er hatte sie während ihrer Krankheit ganz kennengelernt, hatte tief in ihre Seele geschaut, und es war ihm, als hätte er sie bisher nie geliebt. Und jetzt, da er sie kennengelernt hatte und sie liebte, wie man lieben muss, war er vor ihr erniedrigt worden, hatte sie für immer verloren und hinterließ bei ihr nun eine beschämende Erinnerung. Aber das Entsetzlichste war seine lächerliche, schmähliche Lage gewesen, als Alexej Alexandrowitsch ihm die Hände von dem schamroten Gesicht weggezogen hatte. Er stand wie verloren vor der Tür des Kareninschen Hauses und wusste nicht, was er tun sollte.“

Kitty pflegt Nikolaj, S. 734:

„Kitty dagegen dachte, fühlte und handelte ganz anders. Beim Anblick des Kranken wurde sie von Mitleid ergriffen. Und dieses Mitleid rief in ihrer Frauenseele nicht jenes Gefühl des Entsetzens und des Ekels hervor, wie bei ihrem Mann, sondern das Bedürfnis, zu handeln, alle Einzelheiten über den Zustand des Kranken zu erfahren und ihm zu helfen. Und da sie fest überzeugt war, dass man ihm helfen müsse, zweifelte sie auch nicht, dass das möglich sei, und machte sich sofort ans Werk. Alle die Einzelheiten, die ihren Mann so entsetzten, wenn er nur daran dachte, zogen sofort ihre Aufmerksamkeit auf sich.“

Tod, S. 737f.:

„<Er hat den Weisen verborgen und den Kindern und Unmündigen offenbart", dachte Lewin von seiner Frau, als er an diesem Abend mit ihr sprach.

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Er dachte an diesem Spruch aus dem Evangelium nicht etwa deshalb, weil er sich für einen Weisen hielt. Er hielt sich durchaus nicht für einen Weisen, aber er wusste, dass er klüger war als seine Frau und als Agafja Michajilowna, und er wusste auch, dass er, sooft er über den Tod nachdachte, dass mit aller Kraft seines Geistes tat. Er wusste, dass viele Männer von hohem Geist, deren Gedanken über den Tod er gelesen hatte, viel darüber nachgedacht und dennoch noch den hundertsten Teil von dem gewusst hatten, was seine Frau und Agafja Michajlowna darüber wussten. So verschieden diese beiden Frauen auch waten, Agafja Michajlowna und Katja, wie sein Bruder Nikolaj sie nannte, und wie auch Lewin sie jetzt besonders gern nannte, in dieser Beziehung waren sie einander vollkommen ähnlich. Beide wussten genau, was das Leben war, und was der Tod war, und obwohl sie die Fragen, die sich Lewin aufdrängten, nicht beantworten, ja überhaupt nicht hätten verstehen können, war ihnen die Bedeutung dieser Erscheinung vollkommen klar, und beide hatten darüber dieselbe Ansicht, die sie mit Millionen von Menschen teilten. Sie wussten, ohne auch nur eine Sekunde zu zweifeln, wie man Sterbende zu behandeln hat, und fürchteten sich nicht vor ihnen, und das war ein Beweis dafür, dass sie genau wussten, was der Tod war. Lewin und andere konnten zwar vieles vom Tod sagen, kannten ihn aber offenbar nicht, da sie ihn fürchteten und einfach nicht wussten, was zu tun ist, wenn ein Mensch stirbt. Wäre Lewin jetzt allein mit seinem Bruder Nikolaj gewesen, so hätte er ihn nur mit Entsetzen angesehen und mit noch größerem Entsetzen auf den Tod gewartet, und weiter hätte er nichts zu tun gewusst.

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Noch mehr: er wußte nicht einmal, was er sagen, wie er den Sterbenden ansehen, wie er durchs Zimmer gehen sollte. Von gleichgültigen Dingen zu reden, erschien ihm verletzend, unmöglich, schweigen - ebenfalls unmöglich. "Sehe ich ihn an, dann wird er, fürchte ich; denken, ich wollte seinen Zustand genau ergründen; sehe ich ihn nicht an, wird er denken, dass ich andere Gedanken im Kopf habe; gehe ich auf Zehenspitzen, so wird ihm das nicht recht sein: und mit dem ganzen Fuß aufzutreten, scheue ich mich." Kitty dagegen dachte offenbar gar nicht an sich selbst und hatte auch keine Zeit dazu; sie dachte an den Kranken, weil sie etwas wusste, was Lewin nicht wusste. Und sie tat das Richtige: sie erzählte ihm von sich selbst, von ihrer Hochzeit, lächelte ihm zu und bedauerte ihn und streichelte ihn, sprach von wunderbaren Heilungen bei der gleichen Krankheit.“

Nikolajs Tod, S. 750 - 751:

„Der Anblick seines Bruders und die Nähe des Todes weckten in Lewins Seele jenes Gefühl des Grauens vor dem unlösbaren Rätsel und zugleich der Nähe und Unvermeidlichkeit des Todes, das ihm damals an jenem Herbstabend ergriffen hatte, als sein Bruder zu ihm gekommen war. Dieses Gefühl war jetzt noch stärker als früher; noch weniger als früher fühlte er sich imstande, den Sinn des Todes zu begreifen, und seine Unvermeidlichkeit erschien ihm noch entsetzlicher. Aber jetzt brachte ihn dieses Gefühl dank der Gegenwart seiner Frau nicht zur Verzweiflung: dem Tod zum Trotz empfand er die Notwendigkeit, zu leben und zu lieben. Er fühlte, dass die Liebe ihn vor der Verzweiflung gerettet hatte, und dass diese Liebe angesichts der drohenden Verzweiflung noch stärker und reine wurden.

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Kaum hatte sich vor seinen Augen das Mysterium des Todes vollzogen, als sich ein anderes, ebenso rätselhaftes Mysterium vor ihm erhob, das zu Liebe und Leben rief.

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Die Vermutung des Arztes hatte sich bestätigt: die Ursache von Kittys Unwohlsein war Schwangerschaft.“

Lydias Liebe, S. 761 - 762:

„Gräfin Lydia Iwanowna war schon längst nicht mehr in ihren Mann verliebt; aber es hatte seit jener Zeit keinen Augenblick gegeben, in dem sie nicht verliebt gewesen wäre. Manchmal war sie in mehrere Menschen zugleich verliebt, in Männer und in Frauen; sie verliebte sich in fast alle Menschen, die sich durch irgendetwas auszeichneten. [...] Aber seit sie den unglücklichen Karenin unter ihren ganz besonderen Schutz genommen hatte, sich in seinem Haushalt abarbeitete und für sein persönliches Wohl sorgte, fühlte sie, dass alle ihre früheren Liebesgefühle nicht echt gewesen waren und daß sie jetzt Karenin allein wirklich liebte. Das Gefühl, das sie jetzt Karenin allein wirklich liebte. Das Gefühl, das sie jetzt für ihm empfand, schien ihr stärker als alle früheren Neigungen. Wenn sie ihr Gefühl analysierte und es mit ihren früheren Empfindungen verglich, sah sie deutlich, dass sie sich in Komisarow nicht verliebt hätte, wenn er nicht den Zaren das Leben gerettet hätte, dass sie sich auch in Ristic-Kudzicki nicht verliebt hätte, wenn die slawische Frage nicht gewesen wäre, dass sie Karenin aber um seiner selbst willen liebte, wegen seiner hohen, unverstandenen Seele, wegen des ihr so lieben, hohen Klangs seiner Stimme mit den langgezogenen Intonationen, wegen seines müden Blicks, wegen seines Charakters und seiner weichen, weißen Hände mit den hervortretenden Adern.“

Umgekehrte Verhältnisse, S. 827:

„>Was für ein Glück war es damals für Kitty, dass Anna zu uns kam<, sagte Dolly, >und was für ein Unglück für Anna. Alles ist gerade umgekehrt gekommen.> fügte sie hinzu, von ihren eigenen Gedanken überrascht. "Damals war Anna so glücklich, und Kitty hielt sich für unglücklich. Und jetzt ist alles ganz anders! Ich muss oft an sie denken.>“

Kittys Geburt, S. 1051 - 1052:

„Er wusste und fühlte nur, dass das, was hier geschah, Ähnlichkeit hatte mit dem, was im vergangenen Jahr in dem Gasthaus der Gouvernantenstadt am Sterbebett seines Bruders Nikolaj geschehen war. Aber das war Leid gewesen, das hier war Freude. Aber dieses Leid und diese Freude waren außerhalb der gewöhnlichen Lebensverhältnisse und waren in diesem gewöhnlichen Leben wie Öffnungen, durch die man zu etwas Höherem hindurchblicken konnte. Und ebenso bedrückend und qualvoll wie damals rückte das Ereignis näher, ebenso unbegreiflich erhob sich die Seele bei der Anschauung des Höheren zu einer Höhe, die sie vorher nie geahnt hatte, und wohin der Verstand ihr nicht zu folgen vermochte.“

Anna über Wronskij, S. 1123 - 1124:

„Ich bin nicht eifersüchtig, ich bin unbefriedigt. Aber... Sie öffnete den Mund und setzte sich im Wagen auf einen anderen Platz, so sehr erregte sie ein neuer, plötzlich auftauchender Gedanke. <Wenn ich etwas anderes sein könnte als die Geliebte, die nur leidenschaftlich nach Liebkosungen verlangt! Aber ich kann und will nichts anderes sein. Und ich rufe durch mein Verlangen nach Liebe nur Abneigung bei ihm hervor, und er erweckt in mir Zorn, und anderes kann es auch nicht sein. Ich weiß, dass er mich nie betrügen würde, dass er keine Absichten auf die Sorokina hat, dass er nicht in Kitty verliebt ist, aber dadurch wird mir nicht leichter. Wenn er, ohne mich zu lieben, nur aus Pflichtgefühl gut und zärtlich zu mir ist, wenn aber das fehlt, was ich wünsche, so ist das schlimmer, tausendmal schlimmer als Zorn und Hass! Das ist die Hölle! Und so ist es jetzt. Er liebt mich schon längst nicht mehr. Und wo die Liebe endet, da beginnt der Hass.“

Annas Tod, S. 1131:

„Und die Kerze, bei der sie das von Sorgen, Betrug, Kummer und Bösem erfüllte Buch des Lebens gelesen hatte, flammte heller auf als je zuvor, beleuchtete ihr alles, was bisher im Dunkel gewesen war; knisterte, wurde dunkel und erlosch für immer.“

Wronskij nach Annas' Tod, S. 1148 - 1152:

„<Es war eine entsetzliche Zeit. Nein, man mag sagen, was man will, sie war eine schlechte Frau. Diese maßlosen Leidenschaften! Damit sollte etwas ganz Besonderes bewiesen werden. Und jetzt hat sie es bewiesen. Sie hat sich selbst und zwei ausgezeichnete Männer zugrunde gerichtet - ihren Mann und meinen unglücklichen Sohn.>

<Was macht denn ihr Mann?> fragte Sergej Iwanowitsch.

<Er hat ihre Tochter zu sich genommen. Mein Sohn war in der ersten Zeit mit allem einverstanden. Aber jetzt quälte es ihn entsetzlich, dass er seine Tochter einem fremden Menschen gegeben hatte. Aber er kann sein Wort nicht zurücknehmen. Karenin kam zur Beerdigung. Aber wir sorgten dafür, dass er nicht mit Aljoscha zusammentraf. Für ihn, ihren Mann, war alles viel leichter. Aber mein armer Sohn hatte sich ihr ganz hingegeben. Er hatte alles aufgegeben, seine Karriere, mich, und sie hatte kein Mitleid mit ihm, sie hat ihn mit Absicht völlig zugrunde gerichtet. Nein, sagen Sie was Sie wollen, ihr Tod ist der Tod einer schlechten Frau, einer Frau ohne Religion. Gott verzeih mir's, aber ich kann nur mit Hass an sie denken, wenn ich sehe, wie mein Sohn zugrunde geht.>"

[...]

Und plötzlich lies ein ganz anderes Gefühl, kein Schmerz, sondern eine dumpfe, innere Qual ihn für einen Augenblick seine Zahnschmerzen vergessen. Beim Anblick des Tenders und unter der Einwirkung des Gesprächs mir einem Bekannten, den er nach seinem Unglück noch nicht getroffen hatte, musste er plötzlich an 'sie' denken, das heißt an das, was von ihr geblieben war, als er wie wahnsinnig in den Dienstraum der Bahnstation gestürzt war: Auf einem Tisch in dem Dienstraum lag der blutige Leib, der noch vor kurzem voller Leben gewesen war, schamlos ausgestreckt, inmitten fremder Leute. Der unversehrt gebliebene, zurückgeworfene Kopf mot den schweren Flechten und dem krausen Haar an den Schläfen, und auf dem schönen Gesicht mit dem halb geöffneten roten Mund ein erstarrter, seltsamer Ausdruck, traurig um die Lippen und furchtbar in den offengebliebenen Augen, der die entsetzlichen Worte zu wiederholen schien, die sie ihm bei dem letzten Streit zugerufen hatte - dass er es bereuen werde.

-

Und er versuchte, sich ihr Bild ins Gedächtnis zurückzurufen, wie sie damals gewesen war; als er sie zum erstenmal gesehen hatte, auch auf einem Bahnhof, geheimnisvoll, reizend, liebend, Glück suchend und ein Glück spendend, nicht grausam und rachsüchtig, wie er sie vom letzten Augenblick her in der Erinnerung hatte. Er versuchte, an die schönsten Augenblicke zu denken, die er mit ihr verlebt hatte, aber diese Augenblicke waren für immer vergiftet. Er erinnerte sich nur an ihre triumphierende, in Erfüllung gegangene Drohung mit der nutzlosen, aber unauslöschlichen Reue. Er fühlte die Zahnschmerzen nicht mehr, und ein unterdrücktes Schluchzen verzerrte sein Gesicht.“

Stiwa betrügt Dolly. S. 7.
Lewin trifft auf Kitty. S. 31.
Lewin trinkt mit Stiwa. S. 63
Lewin macht Kitty einen Heiratsantrag. S. 75.
Wronsky. S. 89.
Wronsky trifft auf Anna. S. 91.
Anna überredet Dolly. S. 103.
Wronsky verschmäht Kitty. S. 123.
Lewin trifft Nikolaj. S. 129.
Lewin auf seinem Gut. S. 139.
Dolly und Anna reisen ab. S. 147.
Spiegel. S. 151.
Wronsky verfolgt Anna. S. 154.
Verzweiflung oder höchstes Glück. S. 209.
Das Innenleben Alexejs. S. 213.
Nicht durch Worte banal machen. S. 225.
Wronsks Innenleben. S. 273 - 275.
Alexejs verändertes Verhalten und Wahrnehmung. S. 300 - 301.
Anna gesteht. S. 317.
Annas Geständnis, S. 317.
Kitty und Worenka. S. 319.
Gipfel der Vollkommenheit. S. 333.
Bestrebungen und Lebenskraft. S. 357.
Lewin über Kitty. S. 401.
Lewin sieht Kitty. S. 415.
Anna bekommt den Brief von Alexej. S. 437.
Liebe und Glück. S. 537.
Liebeserklärung über Anfangsbuchstaben. S. 593 – 595.
Lewin und Stiwa über die Güte des Lebens. S. 562.
Lewin trifft wieder auf Kitty. S. 569.
Liebeserklärung über Anfangsbuchstaben. S. 593.
Lewin trifft auf Kitty. S. 601.
Tagebuch. S. 609.
Anna liegt im Sterben. S. 611.
Wronskij möchte sich suizidieren. S. 619.
Alexejs Brief. S. 641.
Anna und Wronskij in Italien. S. 691.
Kitty pflegt Nikolaj. S. 735.
Nikolajs Tod. S. 737.
Alexejs Vergangenheit. S. 751.
Lydias Liebe. S. 761.
Serioscha. S. 781.
Mutterqualen. S. 899.
Kittys Geburt. S. 1042.
Annas Suizid. S. 1131.

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