Welle-Teilchen-Dualismus

Der Welle-Teilchen-Dualismus ist ein Grundsatz der Quantentheorie, nach dem Quantenobjekten gleichermaßen klassische Welleneigenschaften und klassische Teilcheneigenschaften zukommen. Es kostet einiges an Überwindung sich das vorzustellen, da sich in unserer Alltagsanschauung beide Eigenschaftstypen zu widersprechen scheinen. Und trotzdem müssen Quantenobjekte als Wellen- und Teilchenentitäten gedacht werden, da nur eines der beiden Modelle deren Charakteristika nicht vollständig beschreiben könnte.

Wie malt man die Sonne richtig? (Licht-)Strahlen emittierend? Oder doch eher (Licht-)Wellen? Vielleicht aber auch mit (Licht-)Teilchen, wie es die Vorstellung von Photonen nahelegt?
Wie malt man die Sonne richtig? (Licht-)Strahlen emittierend? Oder doch eher (Licht-)Wellen? Vielleicht aber auch mit (Licht-)Teilchen, wie es die Vorstellung von Photonen nahelegt?

1. Lichtwelle oder Lichtteilchen?

Im Folgenden wird der Teilchen-Wellen-Dualismus anhand des Lichts dargestellt. Diese Darstellung ist exemplarisch, in Ganzheit weisen alle Quantenobjekte sowohl Teilchen- als auch Wellencharakteristika auf. Welche der beiden Merkmalstypen ein Quantenobjekt – also beispielsweise auch ein Atom oder Quarks – dominiert, hängt stark vom Umstand und der Perspektive der Betrachtung ab.

Im Hinterkopf sollte man bei alldem immer behalten, dass Wellen und Teilchen nur veranschaulichende Analogien aus der klassischen Physik sind. An sich sind Quantenobjekte natürlich nichts von beiden, sondern etwas, für das wir keine Entsprechungen aus der Alltagserfahrung kennen und weswegen wir uns unvollständigen Modellen aus dem, was wir kennen, bedienen. Hier sind es das Wellen- und das Teilchenmodell.

1.1. Wellencharakter des Lichts

In manchen Fällen verhält sich Licht wie eine Welle, man spricht dann vom Wellencharakter des Lichts. Betrachten wir beispielsweise ein in einem Prisma gebrochenen Lichtstrahl, ein Lichtphänomen, das ohne das Wellenmodell nicht erklärbar wäre.

Bis zum Übergang des Lichtstrahls in das Prisma brauchen wir das Wellenmodell noch nicht. Wir kommen bis dahin noch gut mit der makroskopischen Vorstellung des Lichts als eine Art Strahl zu Rande. Sobald das Licht aber gebrochen wird und wir dessen plötzlich ans Tageslicht tretendes Farbspektrum erklären wollen, geht gar nichts mehr ohne das Wellenmodell. Sehen wir uns das Ganze einmal genauer an: Zoomen wir an den linken Strahl heran, sehen wir, dass schon hier im Kleinen das Licht aus Wellen besteht. Weißes Licht setzt sich aus verschiedenen Farben auseinander, die sich in Summe aufheben und deswegen fällt das mit den Wellen auch nicht weiter ins Gewicht.

Bricht das Licht jedoch an einem Körper, bekennt es Farbe und dieses Farbenbekenntnis kann dann nicht mehr ohne die Vorstellung von Licht als etwas Wellenartiges erklärt werden.

Die Farbe einer Lichtwelle hängt von deren Länge ab, rotes Licht hat die längsten Wellen, blaues Licht die kürzesten. Übrigens können Sie das Prinzip auch ganz schön an einem Regenbogen beobachten, da passiert das gleiche. Pi mal Daumen gilt jetzt: Kürzere Wellen werden stärker gebrochen. Ich merke mir das immer mit dem Bild einer Gruppe von alkoholisierten Menschen: Blau bricht am stärksten. Kürzere Wellen werden also stärker gebrochen und umso länger ein aus dem Prisma heraustretender Lichtstrahl, desto mehr verschiebt sich dessen Farbe ins Rötliche. Dieser Erklärungsansatz ist simpel, aber gut. Er hilft uns in vielen Situationen weiter. Besonders wenn gefragt ist, was mit Licht in kleinen Bereichen passiert, dann brauchen wir es als Welle.

Der Wellencharakter des Lichts lässt sich aber auch, wie so gut wie alle Grundprinzipien der Quantentheorie, am Doppelspaltexperiment beobachten. Wellen breiten sich im Raum und quasi um Ecken herum aus, wohingegen Teilchen bzw. Strahlen sich nur geradlinig fortbewegen. Außerdem schwächen oder verstärken sich Wellen durch Überlagerung gegenseitig und können an verschiedenen Stellen unterschiedlich stark einwirken. Das Ergebnis solcher Wellenadditionen sind Interferenzmuster.

Interferenzmuster wie in den Grafiken oben lassen sich nicht ohne ein Wellenmodell des Lichts erklären. Um das zu verstehen, führen Sie sich einmal das Bild einer Wasserwelle vor Ihr inneres Auge: Eine Wasserwelle schwappt über einen Teich. Sie ist technisch nichts weiter als eine sich räumlich ausbreitende und mit der Zeit abschwächende Höhenänderung auf der Wasseroberfläche. An manchen Stellen senkt sie den Wasserspiegel unter den ursprünglichen, stillen und an anderen erhöht sie ihn über Normalnull, wobei der höchste Punkt einer Welle als Wellenberg und der niedrigste als Wellental bezeichnet wird. Bei Wellengang wechseln sich Berg und Tal periodisch ab. Wenn zwei Wellen aufeinandertreffen, addieren sich die beiden an den jeweiligen Kollisionspunkten. Wo also zwei Wellenberge kollidieren, entsteht ein größerer Wellenberg (konstruktive Interferenz) und trifft ein Wellental auf ein anderes Wellental resultiert ein einziges Wellental (destruktive Interferenz), das tiefer ist als es die beiden ursprünglichen Wellentäler für sich waren. Es gibt aber auch noch einen dritten Fall: Die Wellenberg-Wellental-Kombo. Hier heben sich das Bestreben des Berges, den Wasserpegel zu heben und das des Tales, ihn zu senken, gegenseitig auf. Am Ende haben wir einen Wasserpegel auf Normalnull.

Das waren, ganz grob, die Grundlagen für ein Interferenzmuster. Realiter gibt es natürlich noch unendlich Zwischenfälle, etwa kleinere Wellenberge, die auf größere Wellentäler treffen, woraufhin sich der Wasserspiegel nur ein wenig senkt. Aus alldem erwachsen dann, immer wenn zwei Wellen aufeinandertreffen – und an verschiedensten Stellen verschieden addieren – Interferenzmuster. Aber eben nur bei Wellen. Wenn man nun also einen Doppelspalt mit Licht beschießt und auf der Wand dahinter ein Interferenzmuster zu beobachten ist, bleibt kein anderes Fazit übrig: Licht muss etwas mit Wellen zu tun haben. Hinter dem Spalt scheint es sich wellenförmig und um die Ecke herum auszubreiten, irgendwann auf das Licht vom anderen Spalt zu treffen, um auf dem Schirm dann im Duett mit der anderen Lichtwelle ein lichtes Interferenzmuster zu hinterlassen.

2. Teilchencharakter des Lichts

In manchen Fällen verhält sich Licht wie ein Teilchen, man spricht dann vom Teilchencharakter des Lichts. Betrachten wir beispielsweise den photoelektrischen Effekt, ein Lichtphänomen, das ohne das Teilchenmodell nicht erklärbar wäre.

Photoelektrischer Effekt

Isaac Newton ging als Erster davon aus, dass kleinste Teilchen, die sogenannten Korpuskeln, das Licht konstituieren. Erst 350 Jahre später brach der Physiker James Clerk Maxwell in letzter Konsequenz diese Vorstellung, indem er die Wellennatur des Lichts anhand zahlreicher Interferenzexperimente belegen konnte. Licht musste also doch eine Welle sein.

Doch diese einseitige Auffassung hielt sich nicht lange. Mit Albert Einsteins Entdeckung und Erklärung des photoelektrischen Effekts (für den er übrigens den Nobelpreis bekommen hat – nicht für die Relativitätstheorie!) durch Lichtteilchen stritt er Maxwells Wellenhypothese an. Grundlage seiner Überlegungen war die plancksche Strahlungshypothese von 1900, nach der Licht aus Photonen besteht. Photonen, das sind Lichtteilchen, deren Energie E das Produkt aus der Frequenz f des Lichts und dem Planck’schen Wirkungsquantum h ausmacht (E = h * f). Mithilfe dieser Annahme und nur mithilfe dieser Annahme, wonach Licht in kleinstmögliche Energiepakete zusammengeschnürt ist, lässt sich der Photoeffekt erklären. Oder kurz: Ohne Teilchennatur des Lichts keine Erklärung des Photoeffekts.

Ja, was denn nun? – ist Licht eine Ansammlung von Wellen oder eine von Teilchen? Der hiermit scheinbar entstandene Widerspruch drückt sich im quantentheoretischen  Ausdruck Welle-Teilchen-Dualismus aus. In Wirklichkeit, das wissen wir, ist Licht und sind Quantenobjekte nichts von beiden. Ihr ambivalentes Verhalten ist vielmehr eine weitere – im wahrsten Sinne des Wortes unvorstellbare - Sonderheit der Quantenwelt.

Stand: 2015

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