Teleportation

Teleportation (griech. tele „fern“ und lateinisch portare „tragen“) ist eine Form des Raumreisens, bei der ein Materiegebilde - wie etwa eine Person, ein Gegenstand oder ein Teilchen -von einem Ort zu einem anderen befördert wird, ohne dabei den dazwischenliegenden Raum zu durchqueren.

Ein Asgard Transporter aus Stargate. Solche "Teleportationsportale" sind, allem Anschein nach, ein Ding der Unmöglichkeit.
Ein Asgard Transporter aus Stargate. Solche "Teleportationsportale" sind, allem Anschein nach, ein Ding der Unmöglichkeit.

Bildquelle: Asgard Transporter

Senden und Faxen

Wenn ich von Teleportation spreche, möchte ich zwischen zwei Konzepten unterscheiden. Das eine, klassische Teleportationskonzept geht davon aus, dass man etwas hier verschwinden und anderswo wieder erscheinen lassen könnte. Ich nenne diese Form der klassischen Teleportation die Senden-Teleportation, weil man exakt denselben Brief oder was auch immer wiederbekommt, den man anfangs auch abgeschickt hat. Diese Senden-Teleportation findet man in der Esoterik oder in Science-Fiction Romanen und es gibt wissenschaftlich nicht einmal ein Konzept dafür, wie sie realisiert werden könnte.

Ganz anders bei der Faxen-Teleportation, die wurde an kleinen Teilchen sogar schon erfolgreich durchgeführt. Aber mehr dazu später. Wie beim Faxen wird hier nicht etwa der zwischen zwei Geräten befindliche Raum überwunden, sondern das Dokument oder was auch immer bei Gerät 1 eingescannt und in Gerät 2 eine Kopie davon ausgedruckt. Man hat dann eine „quasi Teleportation“ hinter sich, weil man zwar ein in seinen Eigenschaften dem Original entsprechendes, aber eben nicht das Originaldokument selbst in den Händen hält.

1. Die Grundidee

Weil die „Senden-Teleportation“ freilich spektakulärer, aber ohne wissenschaftlichen Anhalt ist, werden wir uns im Folgenden auf die „Faxen-Teleportation“ beschränken. Im Fachjargon heißt sie Quantenteleportation und sie ist komplizierter und wundersamer, als man bis hierhin vielleicht annehmen könnte.

Die Grundidee hinter der Quantenteleportation aber ist denkbar simpel:

  1. Ein Apparat scannt das Original vollständig (Messung) und sammelt so alle Informationen, die notwendig sind, um es vollständig zu beschreiben.
  2. Ein Sendevorgang im weiteren Sinne überträgt die so gewonnenen Daten zur Empfangsstation.
  3. Die Empfangsstation nutzt die ihr zugespielte Information, um aus geeignetem Rohmaterial und vor Ort eine Kopie des Originals anzufertigen.

Sobald es jedoch präziser wird, fangen auch schon die Probleme an. Der Effekt, mit dem wir nachher Dinge kopieren möchten, gilt nur für einzelne Teilchen und damit befinden wir uns im Reich der Quanten. Dort jedoch wird der Gewinnung von Information über ein Teilchen eine natürliche Grenze gesetzt, die durch die Quantenmechanik bzw. die Heisenbersche Unschärferelation gegeben ist: Ort und Impuls eines Teilchens sind gleichzeitig nicht beliebig genau bestimmbar. Damit wird es für uns unmöglich, den Quantenzustand eines Objektes vollständig und exakt in Erfahrung zu bringen. Doch gerade das wäre nötig gewesen, um sämtliche Eigenschaften des Originals zu erfassen (Schritt 1!).

Wegen dieser prinzipiellen, also nicht durch weiteren technologischen Fortschritt behebbaren, Erkenntnisgrenze über Quantenzustände sah es für Physiker lange Zeit so aus, als ob auch die Idee einer „Senden-Teleportation“ im Keim ersticken muss. Doch da hat man die Rechnung ohne ein anderes Kuriosum des Quantenreiches gemacht:

Die Quantenverschränkung bzw. das EPR-Phänomen. Zusätzlich zu dem „klassischen“ Übertragungskanal, der die klassischen Informationen (bits) vermittelt, schafft die Quantenverschränkung noch einen weiteren „EPR-Kanal“, der Quanteninformationen (Quibts, beispielsweise der Spin eines Photons, welcher Quanteninformation trägt) transferiert. Mit diesem neuen Übertragungskanal können zwei Quantenteilchen mehr Informationen miteinander teilen, als es in der klassischen d.h. nicht quantenphysikalischen Physik möglich wäre. Und dieser spezielle Informationsüberschuss kann genutzt werden, um den obligatorischen Informationsverlust bei einer Messung zu kompensieren.

3.1. Verschränkung

Dazu verschränkt man zuallererst Sender- und Empfängerteilchen, d.h. beide Teilchen befinden sich von nun an in einem kohärenten Überlagerungszustand und besitzen keine Ein-Teilchen-Eigenschaften mehr. Sie werden von nun an durch eine gemeinsame Wellenfunktion beschrieben und die Manipulation eines Teilchens wirkt sich sofort auf das andere Teilchen aus, auch wenn beide räumlich getrennt voneinander sind.

3.2. step-by-step

Jetzt geht man folgendermaßen vor:

1.    Messung: Erst misst man einen Teil der Information über Teilchen A, wobei der andere Teil der Information zunächst in einer Wechselwirkung zum Teilchen B verloren geht. D.h. Teilchen A existiert in einem anderen Zustand als vor der Messung. Der gemessene Teil der Information ist klassische Information (unabhängige “bits“), der ungemessene Teil Quanteninformation (“qubits“).

 

2.    Klassischer Informationstranfer: Dann übertragt man die gemessene – klassische – Information zum Empfänger bzw. zum Empfängerteilchen.

 

3.    Quanteninformationstransfer: Der Empfänger kann die Quanteninformation aus einem dritten Teilchen C lesen, kraft des EPR-Effekts.

 

4.    Klonieren: An der Empfangsstation ist man nun im Besitz der klassischen und der Quanteninformation über Teilchen A, was es dem Empfänger ermöglicht Teilchen C nach Vorbild von Teilchen A zu formen.

Teilchen C ist jetzt eine perfekte Kopie von Teilchen A und Teilchen A ist zerstört (zwangsläufig, siehe No-Cloning-Theorem). Physikalisch wurde Teilchen A also am Sendeort zerstört, das Wissen um seine exakte Beschaffenheit via Quanteninformationskanal teleportiert und es am Empfangsort wieder originalgetreu rekonstruiert.

3.3. Alice und Bob

Um die Faxen- bzw. Quantenteleportation mehr zu verstehen, holen wir sie jetzt von der abstrakt-konzeptuellen Ebene herunter und machen sie anhand eines Beispiels handbar: Alice und Bob sind zwei brillante Physikerköpfe, die beschließen, ein Photon zu teleportieren. Bevor sie richtig beginnen können, teilen sie zur Vorbereitung ein verschränktes Photonenpaar so untereinander auf, dass Alice Photon A und Bob Photon B besitzt. Jetzt gehen die beiden weit auseinander, behutsam, damit nicht eines der Photonen mit der Außenwelt wechselwirkt. Das würde nämlich die Verschränkung zerstören.

Alice macht sich eines zusätzlichen, dritten und nicht verschränkten Photons C habhaft, ohne sich weiter über dessen Zustand zu informieren. Dieses Photon C mit der Polarisation X soll zu Bob teleportiert werden. Würde Alice die Polarisation des Photons C einfach messen und so klassisch an die Information gelangen wollen, wäre ihr Messresultat nicht identisch mit dem ursprünglichen Polarisationszustand des Photons C, die Messung verzerrt das Ergebnis. Also muss sie sich was einfallen lassen.

Sie hat eine Idee: Alice misst Photon X zusammen mit Photon A so, dass beide miteinander verschränkt sind, sie dadurch aber nicht die genaue Polarisation der beiden bestimmt. Zum Beispiel könnte sie herausfinden, dass die Polarisationen “senkrecht“ aufeinander stehen – mehr aber nicht. Für eine solche “halbe“ Messung gibt es auch einen extra Terminus: Bell-Zustandsmessung.

Ihre Bell-Zustandsmessung zieht einen für Alice entscheidenden Effekt nach sich: Auch Bobs Photon bleibt von ihr nicht unberührt, es erfährt eine Korrelation mit ihrem Messresultat und dem ursprünglichen Zustand des Photons C. Mit anderen Worten: Bobs Photon B trägt nun den Zustand vom dritten Photon C, entweder exakt oder in behebbarer Abwandlung.

Das weiß Bob aber noch nicht, weswegen Alice Bob nun auf konventionellem Weg – bspw. auf einem Blatt Papier oder per Telefon – die noch fehlenden Informationen zuspielen muss. Das heißt: Zur vollständigen Übertragung eines Quantenzustandes muss auch bei einer Quantenteleportaion zusätzliche Information auf klassischem Wege, d.h. höchstens mit Lichtgeschwindigkeit, nachgeschickt werden. Darum hängt die maximale Geschwindigkeit der Quantenteleportation auch allein von der maximalen Geschwindigkeit der Übertragung der klassischen Information ab, alles andere geschieht instantan, d.h. ohne Zeitverzögerung.

Übrigens: Dadurch wird die spezielle Relativitätstheorie auf keiner Weise verletzt. Da alle klassische Information nur auf konventionellem Weg ausgetauscht wird (bestenfalls mit irgendwelchen elektromagnetischen, d.h. lichtschnellen Wellen), wird die Lichtgeschwindigkeit als Geschwindigkeitsobergrenze zu keinem Zeitpunkt überschritten. Außerdem muss ja die eine Hälfte des verschränkten Teilchenpaares an den gewünschten Endpunkt geliefert werden, was ebenso maximal mit Lichtgeschwindigkeit passieren kann. Wer das genauer wissen will, drückt: #Quantenverschränkung #Holismus.

Nach Erhalt der Nachricht auf konventionellem Wege weiß Bob, ob und wenn ja, wie er sein Photon B transformieren muss, um spätestens dann eine perfekte Kopie des originalen Photons C zu bekommen. Es gibt insgesamt vier Möglichkeiten, wie sich die Quantenrelationen zwischen Photon B und C entsprechen können, welche davon realisiert ist, erfährt er nur auf klassischem Wege. Nicht mehr und nicht weniger als dass 4 Optionen bestehen, weiß Bob vor dem Beschreiten des „konventionellen“ Informationswegs mit Alice.

Welches der vier möglichen Resultate tatsächlich der Fall ist, ist völlig zufällig und daher weiß Bob auch nicht, welche Information sein verändertes Photon B nach der Bell-Zustandsmessung für ihn bereithält. Erst wenn Alice ihm die gewöhnliche Botschaft schickt, kann er diese Information besitzen und die Teleportation vollenden. Man kann zusammenfasend sagen, alle nötigen Informationen über Photon C stecken seit dem Augenblick der Messung in Photon B, aber um zu wissen, wie diese Informationen zu lesen sind, muss Bob noch auf die klassische Nachricht von Alice warten, die sich wiederum nicht schneller als Licht übertragen lässt.

Et voilà, Alice und Bob haben Photon C faxen-teleportiert. Allgemeinverständlicher formuliert, mithilfe des Rohmaterials aus Photon B geklont, mit einhergehender Zerstörung des Originalphotons.

Leider ist damit das Ende der Fahnenstange nahezu erreicht. Quantenteleportation funktioniert, wie der Name bereits sagt, ausschließlich bei sehr kleinen Dingen. Eine dritte Eigenheit des Quantenreichs, die sogenannte Dekohärenz, sorgt nämlich dafür, dass die unbedingt nötige Verschränkung größerer Objekte auch bei guter Isolierung scheitert und die Messung am Transportobjekt nicht mehr richtig funktioniert. Zwar ist unter extrem komplizierten und empfindsamen Bedingungen mittlerweile auch die Teleportation einzelner Atome möglich und über Moleküle wird spekuliert, größere Objekte wie einen Menschen wird man bis auf weiteres aber nicht teleportieren können.

5. Verweise

  • Quantencomputer: Die technologische Chance der Quantenteleportation liegt aber auch nicht im überlichtschnellen Fernreisen, sondern, weil sie es erlaubt, Quantenzustände zu übertragen, ohne sie dabei messen bzw. verändern zu müssen. Für die Computerbranche eröffnen sich so bahnbrechende, neue Möglichkeiten: Statt mit herkömmlichen Bits aus Nullen und Einsen können sie Informationen mit Quantenbits – kurz Qubits – übertragen, speichern und verarbeiten. Mittels der Teleportation verschränkter Teilchen in Superposition könnten so Daten zwischen Quantenprozessen übertragen werden, und auch wenn es hier noch große Probleme gibt, arbeiten Firmen wie IBM, Google und die CIA schon eifrig daran, diese Hürden zu meisten und die Ära der Quanteninformatik einzuläuten.

  • Internet: Ähnliches vollzieht sich auf interstellarer Ebene. Auch hier bahnen sich mit der Quantenteleportation große Revolutionen an, aber nicht dort, wo man sie aufgrund des suggestiven und ein bisschen irreleitenden Namens vielleicht vermutet. Vor langwierige Raumfahrten, die mitunter Jahre dauern können, bewahrt uns auch nicht die Quantenteleportation, das Problem wurde erörtert. Aber vielleicht beschert sie uns ein leistungsstarkes Internet, das mit wenigen Qubits auskommt und ohne Kabeln und Leitungen, dafür aber über die Planeten des Sonnensystems hinweg und völlig abhörsicher funktioniert.

  • Telepathie: Häufig gebraucht der Esoteriker wissenschaftliche Begriffe, wie der Telepath den der „spukhaften Fernwirkung“ bzw. Quantenverschränkung, um seriös dazustehen. Begriffe machen aber keine Wissenschaft und die Lehre von Telepathie bleibt Unfug, auch wenn man sie mit wissenschaftlichen Fachtermini spickt.

  • Identität: Während der Teleportation existiert Photon C physisch nicht mehr, lediglich aufgesplittet in bits und qubits und in verschiedenen Informationskanälen kann man ihm noch eine Art informationstheoretischer Existenz zuschreiben. Nach der Rekonstruktionsphase gibt es das Photon dann wieder, oder nur dessen Klon? Eigentlich wurde doch nur sein Quantenzustand, nicht aber das physische Photon selbst teleportiert, oder? Der Physiker spricht bei ihm trotzdem vom selben Photon, da ein Teilchen für ihn allein durch dessen Quantenzustand charakterisiert wird, ist die Teleportation eines Quantenzustandes für ihn vollkommen äquivalent zur Teleportation eines Teilchens. Für ihn ist ein Teilchen nicht mehr als ein Bündel seiner Eigenschaften bzw. sein Quantenzustand. OK, aber wie wäre es, wenn wir eines Tages doch ganze Lebewesen quantentelportieren könnten? Wäre mein teleportiertes „Ich“ wirklich Ich, oder nur ein Duplikat meiner selbst? Hätte es Bewusstsein und wenn ja, meines oder ein anderes? Auch wenn ich nicht materiell von einem Ort zum anderen übertragen würde, sondern nur die Information über meine quantentheoretische Beschaffenheit, würde mir der reduktionistische Funktionalist (mein?) Bewusstsein zusprechen. Denn in seinen Augen bin „Ich“ nicht mehr, als das Resultat der richtigen Anordnung an Neuronen bzw. Quanten in meinem Gehirn, die beim Teleportationsvorgang ja 1:1 übernommen wird. Auch das Problem, dass „Ich“ dann in zwei Körpern denken und fühlen würde, stellt sich beim Quantenteleportieren nicht. Dies unterbindet das 1982 von Wootters und Zurek nachgewiesenem No-Cloning-Theorem: Klassische Informationen lassen sich beliebig oft kopieren, Quanteninformationen hingegen kein einziges Mal. Ähnlich wie bei Bobs Photon B würde auch „Ich“ beim Quantenklonierungsvorgang zerstört werden – oder aber in einer anderen Materieansammlung neuronal realisiert?

Stand: 2015

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