Argument

Ein Argument (lat. "Beweisgrund"[1], auch: Schlussfolgerungist eine Folge von wahrheitsfähigen Aussagesätzen[2], die mit dem folgenden Anspruch verbunden ist: Weil einige der Sätze (die Prämissen P) wahr sind, ist es rational, einen anderen Satz (die Konklusion K) ebenfalls für wahr zu halten.

Beispiel 1:

P1. Alle Menschen sind sterblich.
P2. Sokrates ist ein Mensch.
__________________________
K1. Also: Sokrates ist sterblich.

Beispiel 2:

P1. Alle bisher beobachteten Schwäne S1, S2 ... S3 waren weiß.
____________________
K1. Also: Alle Schwäne sind weiß.


Das Beispiel 1 ist ein deduktives Argument, denn es ist mit dem Anspruch verbunden: P1 und P2 sind wahr, deshalb ist auch K1 notwendig wahr.

Das Beispiel 2 ist ein nicht-deduktives Argument, denn es ist (nur) mit dem Anspruch verbunden: P1 ist wahr, deshalb ist K1 wahrscheinlich wahr.

„All reasonings may be divided into two kinds,

namely demonstrative reasoning, […] and moral (or probable) reasoning.“
- David Hume: An Enquiry Concerning Human Understanding (1748), sec. iv, part ii.

Mehrere aufeinander bezogene Argumente[3] bilden eine Argumentation.

Die Argumentationstheorie ist die Wissenschaft von den Argumenten.

Die Logik untersucht im Besonderen die formale Gültigkeit von Argumenten.

Sokrates
Sokrates

1. Gültige und Schlüssige Argumente

Ein gutes Argument muss also zeigen, dass es rational ist, seine Konklusion für wahr zu halten. Dafür muss es zwei notwendige und zusammen hinreichende Bedingungen erfüllen:

1. Das Argument muss erstens formal schlüssig sein, d.h. wenn die Prämissen wahr sind, muss es deshalb rational sein, die Konklusion für wahr zu halten. 

Man sagt dann auch: Die Prämissen stützen oder begründen die Konklusion.

Beispiel 3:

P1. Alle Menschen sind sterblich.

P2. Sokrates ist ein Mensch.

K1. Also: Sokrates lebte vor Jesus.

Beispiel 4:

P1. Alle Menschen sind grün.

P2. Sokrates ist ein Mensch.

K1Also: Sokrates ist grün.


Das Beispiel 3 ist kein formal schlüssiges Argument, denn obwohl P1, P2 und K1 wahr sind, folgt aus der Wahrheit von P1 und P2 nicht die Wahrheit von K1.

Das Beispiel 4 ist dahingegen ein formal schlüssiges Argument, denn wenn P1 und P2 wahr wären, dann würde daraus folgen, dass auch K1 wahr ist.

Aber: Die Prämisse P1 ist nicht wahr bzw. es sind nicht alle Menschen grün. 

Also 1: Gültigkeit ist nur eine konditionale Eigenschaft von Argumenten: Wenn die Prämissen wahr sind, dann ist auch die Konklusion wahr.

Also 2: Beispiel 4 ist zwar ein formal schlüssiges, aber kein gutes Argument. Denn es zeigt nicht, dass es rational ist, seine Konklusion für wahr zu halten.

2. Ein gutes Argument darf zweitens nur wahre Prämissen beeinhalten.

Wenn ein Argument 1. formal schlüssig ist und 2. nur inhaltlich wahre Prämissen beinhaltet, dann nennen wir es ein gutes respektive ein schlüssiges Argument.

Die Logik beurteilt traditionell 1. die formale Gültigkeit von Argumenten.

Die Einzeldisziplinen beurteilen traditionell 2. die Wahrheit von Prämissen.

1.1. Die Kritik von Argumenten

Wenn man ein Argument A kritisieren möchte, muss man dann entsprechend bestreiten, dass A schlüssig ist. Das heißt, man muss bestreiten, dass:

a. inhaltlich: Die Prämissen sind wahr, oder

b. formal: Aus der Wahrheit der Prämissen folgt die Wahrheit der Konklusion.

Wenn eine Kritik nicht a. oder b. bestreitet, dann geht sie an der Sache bzw. am Argument vorbei. Es ist dann eine unsachliche Kritik.

Die Fähigkeit zu argumentieren ist nicht nur eine notwendige Bedingung dafür, um an einem rationalen Diskurs teilhaben und systematisch intellektuell ernst genommen werden zu können. Sie hilft einem auch ganz praktisch bei wichtigen Lebensentscheidungen.

- Johannes Heinle

Fußnoten

[1] Georges: Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch

[2] Für die wahrheitsfähigen Aussagesätze eines Argumentes muss zwingend gelten: Alle Vorkommnisse dieses Satzes haben denselben Wahrheitswert. Aussagesätze in diesem Sinn enthalten also keine indexikalischen Ausdrücke.

Siehe auch

frühere Version dieses Aufsatzes (2014).
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Stand: 2019

Kommentare: 10
  • #10

    tsSLAueP (Mittwoch, 15 November 2023 19:06)

    1

  • #9

    tsSLAueP (Mittwoch, 15 November 2023 16:25)

    1

  • #8

    Philoclopedia (Sonntag, 16 Oktober 2022 00:23)

    “The aim of argument should not be victory, but progress.”
    — Karl Popper

  • #7

    ghovjnjv (Donnerstag, 08 September 2022 12:09)

    1

  • #6

    Philoclopedia (Sonntag, 16 Januar 2022)

    https://youtu.be/M14ReHfPFUw

  • #5

    Philoclopedia (Sonntag, 16 Januar 2022 00:29)

    https://youtu.be/dLGgIVgw1Sw

  • #4

    Philoclopedia (Mittwoch, 22 Dezember 2021 02:36)

    "[David] Perkins stellte fest, dass der IQ bei Weitem der stärkste Predikator dafür war, wie gut Leute argumentieren, aber er sagte nur die Anzahl der Argumente für die eigene Seite voraus. Kluge Leute eignen sich gut als Anwälte und Pressesprecher, aber sie sind nicht besser darin, Begründungen auf der anderen Seite zu finden. Perkin schloss, dass >die Leute ihren IQ darin investieren, ihren eigenen Standpunkt zu untermauern, statt die ganze Fragestellung umfänglicher und ausgeglichener zu untersuchen>."

    - Jonathan Haidt

  • #3

    Philoclopedia (Sonntag, 11 August 2019 20:29)

    https://youtu.be/zyS4Mfi25BQ

  • #2

    Philoclopedia (Mittwoch, 31 Juli 2019 18:22)

    Die Fähigkeit zu argumentieren ist nicht nur eine notwendige Bedingung dafür, um an einem rationalen Diskurs teilhaben und systematisch intellektuell ernst genommen werden zu können.

    Sie hilft einem auch ganz praktisch bei wichtigen Lebensentscheidungen

  • #1

    Philoclopedia (Montag, 22 Juli 2019 22:49)

    https://www.openlearnware.de/resource/einfuhrung-3502?start=0


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