Skeptizismus (Blog)

Der Skeptizismus ist eine erkenntnistheoretische Position, die bezweifelt, dass  Überzeugungen einen besonderen epistemischen Status innehaben (können).

1. Formen des Skeptizismus

Ein Skeptizismus kann verschiedene epistemische Status bezweifeln:

1. Wissensskeptizismus: Eine Überzeugung ist kein Wissen.

2. Rechtfertigungss.: Eine Überzeugung ist nicht gerechtfertigt.

3. Wahrheitsskeptizismus: Eine Überzeugung ist nicht wahr.

Ein Skeptizismus kann den Status einiger oder aller Überzeugungen bezweifeln:

Globaler Skeptizismus: Alle unsere U haben nicht den Status B.

Lokaler Skeptizismus: Einige unserer U haben nicht den Status B.

Ein Skeptizismus kann den Status von diversen Überzeugungsarten bezweifeln:

• empirischer Skeptizismus: "die Außenwelt ist real" ist vllt. nicht wahr.

• rationaler Skeptizismus: "2 + 2 = 4" ist kein Wissen.

• metaphysischer Skeptizismus: "Gott existiert" ist kein Wissen.

• temporärer Skeptizismus: "Es gab ein Gestern" ist nicht gerechtfertigt.

• mentaler Skeptizismus: "Mein Nachbar denkt" ist nicht gerechtfertigt.

• ethischer Skeptizismus: "töten ist schlecht" ist kein Wissen.

• usw.

2. Das Argument von skeptischen Hypothesen

Frage: Warum sollte eine Überzeugung nicht einen epistemischen Status haben?

Antwort

1. Weil es ein mögliches skeptisches Szenario S gibt, für das gilt: Wenn ein Subjekt in S ist, dann hat seine Überzeugung U nicht den epistemischen Status B.

2. Weil es eine überzeugende skeptische Hypothese H gibt, für die gilt: Wenn H zutrifft, dann leben wir in einem S und U hat folglich nicht den den Status B.

3. Und weil es ein deduktives skeptisches Argument A gibt, das H starkmacht:

P1Ich weiß nicht, dass eine skeptische Hypothese H nicht zutrifft.
P2.
Wenn ich nicht weiß, dass eine skeptische Hypothese H nicht zutrifft,            dann hat meine Überzeugung U (wohlmöglich) nicht den Status B.

C1. Meine Überzeugung U hat (wohlmöglich) nicht den empirischen Status B.

P1. ØK(S, ØH)                                                                                     Øq

P2. K(S, U) ® K(S, ØH)                                                                    p ® q

K1. ØK(S, U)                                                                                       Øp

2.1. Beispiel: empirischer Wissensskeptizismus

Der empirische Wissensskeptizismus bezweifelt beispielsweise, dass unsere Wahrnehmungsüberzeugungen den empirischen Status "Wissen" haben (können).

Skeptisches Szenario: Ich bin ein Gehirn im Tank. Elektroden stimulieren meine Neuronen so geschickt, dass sie mir eine nicht-wirkliche Außenwelt imaginieren.

Skeptische Hypothese: Es kann sein, dass ich selbst aus Langeweile oder Aliens mein Gehirn in ein Tank gelegt und an Elektroden angeschlossen haben.

Skeptisches Argument:

P1. Ich kann nicht ausschließen, dass ich kein Gehirn im Tank bin.

P2. Wenn ich nicht ausschließen kann, dass ich kein Gehirn im Tank bin,              dann kann ich auch nicht wissen, dass gerade ein Laptop vor mir steht.

K1. Ich weiß nicht, dass gerade ein Laptop vor mir steht.

Also: Ich weiß deshalb nicht, dass ein Laptop vor mir steht, weil es ein nicht-ausschließbares Szenario gibt, in dem ich fälschlicherweise glaube, das zu wissen.

3. Reaktionen auf das skeptische Argument

Das skeptische Argument wirft verschiedene Reaktionen hervor:

1Das Argument ist korrekt. Ich weiß tatsächlich nicht, dass w.

1ADie erste Prämisse ist falsch. Denn wir können a priori zeigen, dass ich mich nicht in einem skeptischen Szenario befinde.

1BDie erste Prämisse ist falsch. Anstelle des skeptischen modus tollens wäre eigentlich ein modus ponens angebracht.

2Die zweite Prämisse ist falsch. Denn CP gilt nicht.

3. Der Schluss K1 ist nicht gültig. Denn ‚weiß, dass’ ist ein kontextabhängiger Ausdruck (ganz ähnlich wie ‚hier’).

3.1. Prämisse 1

(P1) Ich weiß nicht, dass ich nicht in einem skeptischen Szenario bin.

Was spricht für die Prämisse P1?

1. Skeptische Szenarien sind so konstruiert, dass sie die Prämisse P1 stützen.

Beispiel: Wenn die Aliens mein Gehirn geschickt verschaltet haben, dann ist dieses Szenario empirisch nicht von einem nicht-skeptischen S. zu unterscheiden.

Das heißt: Es kann keine Sinneserfahrung e geben, so dass gilt: e ist Evidenz dafür, dass ich mich nicht in einem skeptischen Szenario befinde.

2. Ich kann nur durch Sinneserfahrung etwas über die Außenwelt erfahren.

3. Ich weiß nicht, dass ich mich nicht in einem skeptischen Szenario befinde.

Was spricht gegen die Prämisse P1 bzw. für die Reaktion 1A?

2. Immanuel Kant, Hilary Putnam und Donald Davidson sind der Meinung, dass ich durch reines Nachdenken etwas über die Außenwelt erfahren kann.

Siehe hierzu:

Was spricht gegen die Prämisse P1 bzw. für die Reaktion 1B?

Siehe hierzu:

3.2. Prämisse P2

(P2) Wenn ich nicht weiß, dass nichtH, dann weiß ich auch nicht, dass w.

Was spricht für die Prämisse P2?

Begründung: Die Prämisse P2 beruht auf dem "Prinzip der Abgeschlossenheit von Wissen unter gewusster Implikation" (principle of deductive closure):

CP. Wenn S weiß, dass p und S weiß, dass q aus p folgt, dann weiß S auch, dass q.

K(S,p) & K(p Þ q) ® K(S,q)

Vorsicht: CP ist nicht mit dem "Prinzip der Abgeschlossenheit unter Implikation" zu verwechseln, nach der jeder alles wisse, was aus dem, was er weiß, logisch folgt. Dieses Prinzip ist sicherlich falisch. CP besagt nur, jeder wisse alles, was aus dem, was er weiß, seines Wissens nach logisch folgt.

Beispiel: Ich weiß, dass Knut ein Eisbär ist & ich weiß, dass gilt: Wenn Knut ein Eisbär ist, dann ist Knut ein Säugetier. Also: Ich weiß, dass Knut ein Säugetier ist.

àIch weiß, dass Knut ein Eisbär ist ® Ich weiß, dass Knut ein Säugetier ist.

Wie hilft das dem skeptischen Argument?

In welchem Verhältnis stehen eine skeptische Hypothese H und jede beliebige Wahrnehmungsüberzeugung w? Sie schließen einander aus. D.h. es gilt:

(A) w Þ ØH und (B) H Þ Øw.

Wer das skeptische Szenario als eines versteht, für den gilt also: K(p Þ ØH)

Beispiel: Wenn ich weiß, dass ich nicht ausschließen kann, dass ich ein Gehirn im Tank bin. Und wenn ich weiß, dass daraus folgt, dass ich nicht wissen kann, dass vor mir ein Laptop steht. Dann weiß ich auch, dass ich nicht wissen kann, dass vor mir ein Laptop steht.

Was spricht gegen die Prämisse P2?

CP begründet P2. Wer diese zurückweisen will, muss CP bestreiten.

Siehe hierzu:

3.3. Konklusion K1

(K1) Ich weiß auch nicht, dass w.

Was spricht für die Konklusion K1?

Die Konklusion beruht auf einem modus tollens und müsste deduktiv-gültig sein.

Was spricht gegen die Konklusion K1?

Es gibt aber auch Instanzen des modus tollens, die nicht gültig sind.

Beispiel:

P1. Wenn es hier durch die Decke regnet, dann wird der Boden hier nass.
P2. Hier wird der Boden nicht nass.
C1. Hier regnet es nicht durch die Decke.

Außerdem. Dieser Schluss setzt einen internalistischen Begriff des Wissens  voraus. Ein Externalist muss ihn nicht akzeptieren, wenn er Wissen allein von Verlässlichkeit abhängig macht: Jemand kann wissen, dass p, obwohl er keine guten Gründe für die Überzeugung, dass p, hat oder haben kann.

Siehe auch:

Stand: 2019

Kommentare: 17
  • #17

    maximilian (Dienstag, 12 Dezember 2023 11:54)

    das ist eine lüge

  • #16

    Scepticer of Doom420 (Dienstag, 04 Oktober 2022 10:59)

    https://www.youtube.com/watch?v=iik25wqIuFo

    Here a small video about this

  • #15

    Skeptiker69 (Dienstag, 04 Oktober 2022 10:57)

    Würd ich ja hinterfragen bzw. würde mir stinken wenn ich sie wäre

  • #14

    ghovjnjv (Donnerstag, 08 September 2022 14:41)

    1

  • #13

    ghovjnjv (Donnerstag, 08 September 2022 11:34)

    1

  • #12

    Philoclopedia (Dienstag, 12 April 2022 03:17)

    “I do not think it's possible to get anywhere if we start from scepticism. We must start from a broad acceptance of whatever seems to be knowledge and is not rejected for some specific reason.”
    — Bertrand Russell, My Philosophical Development (1959) p. 200

  • #11

    Philoclopedia (Sonntag, 24 Oktober 2021 13:49)

    https://youtu.be/O-Odku_adYk

  • #10

    Philoclopedia (Freitag, 09 April 2021 00:58)

    https://www.oxfordbibliographies.com/view/document/obo-9780195396577/obo-9780195396577-0109.xml

  • #9

    Philoclopedia (Freitag, 09 April 2021 00:46)

    https://www.oxfordbibliographies.com/view/document/obo-9780195396577/obo-9780195396577-0342.xml

  • #8

    vimal (Donnerstag, 01 August 2019)

    ... um es an dem oben zuerst angeführten argument des "skeptizismus" zu verdeutlichen:
    der skeptizismus oder der zweifel ist selbst nur eine überzeugung ...

  • #7

    vimal (Donnerstag, 01 August 2019 10:00)

    ... ein weiser mann soll einmal gesagt haben :
    die zweifler bezweifeln wirklich alles,außer dem einen - den zweifel selbst !
    alles kann zur sucht werden ...

  • #6

    WissensWert (Montag, 29 April 2019 01:20)

    https://www.youtube.com/watch?v=uPskq_bBlv4

  • #5

    WissensWert (Montag, 04 März 2019 02:04)

    https://www.youtube.com/watch?v=iiNeN4-w8Jk&feature=youtu.be

  • #4

    WissensWert (Montag, 04 März 2019 01:36)

    https://www.youtube.com/watch?v=S2sK_EOKb1Q

  • #3

    WissensWert (Montag, 04 März 2019 00:15)

    https://plato.stanford.edu/entries/skepticism/

  • #2

    WissensWert (Montag, 04 März 2019 00:14)

    http://www.ucs.louisiana.edu/~kak7409/EpistPapersBySubject.html#Skepticism

  • #1

    WissensWert (Donnerstag, 28 Februar 2019 21:50)

    Der Skeptizismus ist eine philosophische Haltung und Philosophie ist auch die naheliegendste Disziplin und das naheliegendste Studienfach für einen Skeptizisten. Denn die Philosophie kann ohne die Annahme einer Wirklichkeit (im Gegensatz zu den empirischen Wissenschaft), ohne die Annahme eines Gottes (im Gegensatz zur Theologie) usw. sinnvoll betrieben werden


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